Rezension

Eine wahnsinnig starke Frau in einer sehr mitreißenden Biografie vorgestellt

Aenne und ihre Brüder -

Aenne und ihre Brüder
von Reinhold Beckmann

Bewertet mit 5 Sternen

Es hat mich emotional gefesselt und mich ebenso auf die nächste Feldpost hinfiebern lassen

Als Kind einer Generation, die Krieg nur aus den Nachrichten und aus anderen Ländern kennt, war ich neugierig auf das, was diese starke Frau als junge Erwachsene vor und in der Zeit des zweiten Weltkriegs miterleben musste. Reinhold Beckmann zeichnet den Lebensweg seiner Mutter Aenne nach, die so viele Schicksalsschläge erleben musste und dennoch positiv geblieben ist und Zeit Lebens von ihrer Vergangenheit erzählt hat.

Aenne wird im Jahr 1921 als viertes Kind in eine Schusterfamilie auf dem Land geboren. Nicht nur, dass ihre Mutter noch in ihrem ersten Lebensjahr verstirbt, auch ihren Vater verliert sie, als sie gerade einmal 4 Jahre alt ist. Trotz einer Stiefmutter, mit der es nicht immer ganz einfach ist und einem Stiefvater, der relativ zeitnah nach dem Tod ihres Vater zuhause einzieht, bleibt sie positiv und dem Leben zugewandt. Die ersten Jahre werden relativ kurz beschrieben, mit gerade ausreichend vielen Details, um sich in sie hineinzuversetzen. Das macht es spannend, denn so folgen die Ereignisse ziemlich schnell aufeinander und alles läuft auf den zweiten Weltkrieg zu.

Zum zweiten Weltkrieg schafft die Biografie eine perfekte Mischung aus persönlichen Details, einer Einbettung in den geschichtlichen Kontext und Originaltexten aus persönlicher Feldpost. Die Beschreibungen der Ereignisse und wie sie geschichtlich und politisch einzuordnen sind, sind dezent und so gut eingearbeitet, dass man sie dankbar zur Kenntnis nimmt, sie aber nicht stören. Im Gegenteil, denn so kann das Buch auch ohne großes Vorwissen und ohne zusätzliches Googeln gelesen werden. Aber gerade die Briefe der Brüder, die alle vier in den Krieg müssen, machen die Biografie zu etwas ganz Besonderem. Es sind so viele Briefe, die ein so umfassendes Bild geben und die es sehr persönlich machen. Man denkt sich sowohl in Aenne hinein, als auch in ihre Brüder und ist ganz fassungslos darüber, wie sie das alles ertragen. Ich habe bislang selten Bücher gefunden, über die ich immer wieder und immer wieder nachdenke und über die ich sprechen möchte, auch wenn ich gerade nicht lese oder das Buch schon längst beendet habe. Diese Biografie hat das geschafft. Sie regt zum Nachdenken an, wie man all das Leid ertragen hätte.

Ich bin beeindruckt von dieser Frau, ihrem Leben und wie positiv sie dennoch geblieben ist. Das war eine wahnsinnig interessante und auch sehr berührende Biografie!