Rezension

berührendes Zeitzeugnis

Aenne und ihre Brüder -

Aenne und ihre Brüder
von Reinhold Beckmann

"Änne und ihr Brüder " von Reinhold Beckmann ist ein berührendes Zeitzeugnis und eine Hommage an seine Mutter Änne, die im zweiten Weltkrieg 4 Brüder verlor , aber nie ihren Mut und die Hoffnung auf ein besseres Leben.

Änne wird 1921 in Wellingholzhausen , einem kleinen Ort in der Nähe von Osnabrück , als 4. Kind eines Schuhmachermeisters geboren.  Drei Brüder sind schon da und werden früh zu Waisen, da die Mutter kurz nach der Geburt von Änne stirbt. Der Vater, schwer gezeichnet vom ersten Weltkrieg, heiratet wieder, stirbt aber auch früh. Die Stiefmutter heiratet wieder, einen Mann der die Schusterwerkstatt übernimmt und ihr noch zwei Kinder schenkt , einen Jungen und ein Mädchen,

Wellingholzhausen ist ein kleines, erzkatholischen Dorf, das sich lange gegen den aufkommenden Nationalsozialismus und seine Ideologie wehrt. Der Dorfpfarrer versucht bis zuletzt seiner Einstellung treu zu bleiben. Änne darf nicht wie gewollt ihre Mittlere Reife machen und einen Beruf erlernen, sondern kommt zu einem Bauern in den Haushalt, etwas, was sie sehr ungern tat. Später arbeitet sie in einem Knabenkonvikt in Osnabrück in der Küche. Nach dem Krieg geht sie nach Twistringen, heiratet dort und bekommt drei Söhne. Der Jüngste ist der Autor dieses Buches.

Anhand von Erzählungen und Briefen, die Änne ihrem Sohn kurz vor ihrem Tod übergibt, rekonstruiert Reinhold Beckmann das Leben der Brüder während des zweiten Weltkrieges an den Fronten. Gott sein Dank hat Änne viel und ausführlich erzählt, sodass ein sehr berührendes Andenken an ihre Brüder enstanden ist, dem der Leser atemlos folgt.

Ich bin selbst Jahrgang 1958, hatte einen Onkel der in russischer Gefangenschaft war und eine Mutter, die auch ihr Leben lang über die Grauen des Krieges geredet hat. Sie selbst wuchs auch auf dem Land auf, durfte auch keine Ausbildung machen und hat eigentlich einen Leben lang darunter gelitten, ihre Möglichkeiten nie ausschöpfen zu dürfen.

Ich habe dieses Buch inhaliert, habe viele Tränen vergossen , mich an viele Erzählungen meiner Mutter erinnert und immer wieder gedacht, warum lernen Menschen nicht aus der Vergangeneheit ? Warum reicht das Erlebte nicht aus, um Menschen den Rechtsradikalismus verabscheuen zu lassen. Warum machen Menschen immer wieder die gleichen Fehler ?

Sehr empathisch anhand der persönlichen Schicksale, aber auch sehr informativ wird über die Zeit zwischen und während des zweiten Weltkrieges berichtet. Durch die Feldpostbriefe bekommt man einen kleine Einblick, was Männer an der Front erlebten, obwohl das wahre Grauen vor den Daheimgeliebenen geheim gehalten wurde.

Da ich selbst aus Osnabrück komme, war mir dieses Buch natürlich besonders nah, da die Erlebnisse im meinem nahen Umfeld passierten und ich viel über die Kriegsgeschehnisse in Osnabrück weiß .

Vielen Dank Reinhold Beckmann für dieses berührende , aber doch informative Buch. Ihre Mutter wäre sicherlich stolz auf sie, dass sie die Geschichte ihrer Brüder nicht in Vergessenheit geraten lassen und Danke dafür, dass sie immer wieder die Finger in die Wunden der Vergangenheit legen. Das kann nicht oft genug geschehen. Hoffen wir , dass sich diese Greuel nicht wiederholt.