Rezension

Charmanter Auftakt einer Buchreihe um drei Brüder auf der fiktiven Insel Whale Island - ein Wohlfühlroman mit ernsten Momenten über Vergangenheitsbewältigung und die Sehnsucht nach Geborgenheit.

Heimkehr nach Whale Island -

Heimkehr nach Whale Island
von Miriam Covi

Bewertet mit 4 Sternen

Greta Lorenz arbeitet an der Rezeption des Sommerset-Hotels in Manhattan. Als gebürtige Hamburgerin soll sie ihren unterkühlten Chef, den General Manager Duncan Sommerset, nach Kanada begleiten, um einen Deutschen vom Verkauf seines Grundstücks zu überzeugen, das einem neuen Golfresort der Hotelgruppe weichen soll. Auf der kleinen Atlantik-Insel Whale Island erfährt sie, dass die idyllische Insel die Heimat von Duncan ist, dessen Eltern dort ein in die Jahre gekommenes Hotel betreiben. Die Familie geht irrtümlicherweise davon aus, dass Greta Catherine Sommerset, Duncans Ehefrau ist und Greta spielt das Spiel trotz schlechten Gewissens überrumpelt mit. Auf der Insel erfährt die Heimatlose zum ersten Mal, was es heißt, eine Familie zu haben und kommt unweigerlich ihrem Chef näher, der in seinem Zuhause, gebeutelt von schmerzhaften Erinnerungen, nicht mehr so unterkühlt erscheint wie in New York.
"Heimkehr nach Whale Island" ist der Auftakt einer dreiteiligen Reihe um die Cameron-Brüder Duncan, Aidan und Glenn, die auf der fiktiven Insel Whale Island aufgewachsen sind.
Der Roman wird überwiegend aus der Sicht der Mittdreißigerin Greta geschildert, in wenigen Kapiteln gibt es jedoch auch Einblicke aus der Perspektive von Duncan, der nach dreizehn Jahren zum ersten Mal wieder in seine Heimat zurückkehrt. Die Entfremdung zu seiner Familie ist spürbar, so dass nicht ganz unrealistisch erscheint, dass nicht einmal seine Eltern seine Ehefrau Catherine kennen, was die Verwechslung mit Greta erklärt.
Das Setting auf der nebligen Atlantikinsel ist anschaulich beschrieben. Sowohl die Naturbeschreibungen als auch das Zusammenleben auf der Insel, auf der jeder jeden kennt und die nur unzuverlässig mit einer Fähre erreicht werden kann, sind authentisch. Auch die liebenswerten Charaktere, die Greta so warm aufnehmen, schließt man direkt ins Herz.
Die etwas klischeebehafte und ein wenig konstruiert wirkende Geschichte hat seine Spannungsmomente, denn nach der Ankunft auf der Insel erfährt man allmählich mehr über Duncan und Greta. Beide haben sie schwere Schicksalsschläge erlitten, die ihr Verhalten erklären. Während Duncan zunächst unnahbar, wortkarg und herrisch erscheint, wirkt Greta einsam und wehmütig und versteckt sich hinter einer toughen Fassade. In der Cameron Lodge teilen sie sich die Honeymoon Suite und zeigen ihre verletzlichen Seiten. In der naturnahen Umgebung und aufgehoben in der warmherzigen Familie Cameron werden sie gelöster und können eine gegenseitige Anziehung nicht länger verhindern.
Eine aufgeladene Stimmung besteht jedoch nicht nur zwischen Greta und Duncan, sondern auch zwischen Duncan und seiner Familie bis sie ihre Konflikte lösen können.
"Heimkehr nach Whale Island" ist ein gelungener Beginn einer Trilogie - ein Wohlfühlroman, der durch die erlebten Schicksalsschläge jedoch auch seine ernsten Momente hat und emotional berührt. Wie aus der Geschäftsreise für Greta ein Urlaub wird, ist auch die Geschichte für die/ den Leser*in eine schöne Auszeit. Sie handelt von Vergangenheitsbewältigung, von Schuldgefühlen und Versöhnung sowie von der Sehnsucht nach Geborgenheit, nach Familie, Nähe und Liebe, aber auch von der Natur und Expansionsideen, die diese gefährden könnten. Das wacklige Lügenkonstrukt sowie Nebenfiguren wie der dreibeinige Hund Fiete oder die hellsichtige Bibliothekarin verleihen der Geschichte ihren ganz eigenen Charme und machen neugierig auf die beiden weiteren Bände, in denen die Brüder Duncans in den Mittelpunkt rücken und in denen es auch wieder um die Liebe auf Whale Island gehen wird.