Rezension

Den Sommer im Herzen, mitten im Winter ...

Ein unvergänglicher Sommer - Isabel Allende

Ein unvergänglicher Sommer
von Isabel Allende

Bewertet mit 5 Sternen

Schneesturm und eisige Kälte in Brooklyn. Der 60jährige Richard Bowmaster, Professor an der New York University, hatte eben seinen Kater zum Tierarzt gebracht und befand sich nun auf dem Heimweg, als er aufgrund der Glätte auf einen vor ihm fahrenden Wagen auffuhr. Ein belangloser Schaden den seine Versicherung regeln würde, dachte er, und übergab der jungen Fahrerin seine Visitenkarte. Doch kaum ist Richard zu Hause angekommen, steht sie auch schon vor seiner Tür, völlig aufgelöst und den Tränen nahe. Da sie offenbar nur spanisch spricht, braucht Richard die Hilfe seiner Untermieterin, der 62jährigen Universitäts-Gastdozentin aus Chile, Lucia Maraz. Nach einigem Hin und Her stellt sich heraus, die Fahrerin heißt Evelyn Ortega, stammt aus Guatemala, arbeitet illegal als Kindermädchen und – sie hat eine Leiche im Kofferraum. Diese muss natürlich verschwinden! So machen sich die drei im Schneetreiben auf den Weg in den Norden, wo Richard an einem See in den Wäldern eine Hütte hat …

Diese aberwitzige Geschichte ist jedoch nur das Gerüst, der rote Faden, für den Roman „Ein unvergänglicher Sommer“ von Isabel Allende. Wie auch in ihren anderen Romanen führt die Autorin den Leser nach Mittel- und Südamerika, indem sie die beiden Frauen während der langen beschwerlichen Fahrt von ihren Heimatländern berichten lässt. In Rückblicken erzählen sie ihre bewegenden Lebensgeschichten. Wir erfahren von Grausamkeiten in Guatemala, von Morden und Vergewaltigungen, von Bandenkämpfen und von Evelyns abenteuerlicher Flucht. Lucia berichtet über die Machtübernahme des Militärs 1973 in Chile, über Guerillakämpfe und über Mütter auf der Suche nach ihren verschollenen Söhnen. Auch Richard hat viel mitzuteilen, fühlt er sich doch noch immer schuldig am Tod seiner Frau und seiner Tochter. Das gemeinsame Erlebnis dieses gefährlichen Unternehmens bringt die drei Menschen einander näher – endlich können sie sich öffnen und von seelischer Last befreien. Jetzt haben sie wieder eine Zukunft …

Ein Buch voller Herzenswärme und feinem ironischen Humor. Mit großer erzählerischer Kraft und Lust am Detail gelingt es Allende, die jeweilige Stimmung treffend einzufangen und wiederzugeben. Spannung und ruhigere Phasen wechseln sich gekonnt ab. Ihr Schreibstil ist sehr lebendig und flüssig, klar und schnörkellos, und dennoch voller Ausdruckskraft. Landschaften und Örtlichkeiten sind atmosphärisch treffend erfasst und mit ihrem guten Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen wirken die Charaktere authentisch und lebensecht.  

Fazit: Ein wunderbares Buch, das ich ohne Einschränkungen empfehlen kann!