Rezension

Der Funke ist leider nicht übergesprungen

Der Gesang der Flusskrebse - Delia Owens

Der Gesang der Flusskrebse
von Delia Owens

Bewertet mit 3 Sternen

Um diesen Roman gab es in der Bücherwelt ja quasi kein Herumkommen! Und da die meisten Leser nur Gutes berichteten, habe ich mich von der Begeisterung gerne anstecken lassen. Ein Roman über die Natur und das Erwachsenwerden klingt ja auch sehr vielversprechend. Nur ist der Funke bei mir letztlich leider nicht übergesprungen.

Der Anfang des Romans gefiel mir noch sehr: Die atmosphärische Beschreibung der Landschaft und der Tiere, das Setting im Marschland North Carolinas, das kleine Mädchen Kya und seine auseinanderfallende Familie, das Verlassenwerden als Thema. Man fühlt mit Hauptfigur Kya und fragt sich welchen Verlauf ihre Geschichte wohl nehmen wird. Ein paar Dinge die vielleicht nicht ganz rund sind (beispielsweise ob eine Siebenjährige tatsächlich allein für ihren Lebensunterhalt sorgen kann) kann man getrost verzeihen weil es insgesamt so hübsch ist. Und durch den eventuellen Mord inklusive Ermittlungen, über die auf der zweiten Zeitebene einige Jahre später berichtet wird, ist es außerdem noch spannend.

Ab der Hälfte des Romans geht es dann aber schleichend in eine unerwartete Richtung: Plötzlich steckt man mitten in einer „Liebespaar trotz Hindernissen“-Geschichte. Kommt unser Traumpaar zusammen? Oder gerät unsere arme Heldin an den Falschen? Dazu wird das Personal gefühlt immer klischeehafter: Es gibt den selbstbewussten aber egoistischen Bad Boy. Den sensiblen und klugen Retter. Die starke, einsame Schönheit, der niemand etwas zutraut, dabei ist sie – natürlich! - verdammt intelligent. Die grimmige Dorfgemeinschaft, die es auf die Außenseiterin abgesehen hat. Die mütterliche Schwarze mit großem Busen. Die böse Schwiegermutter und so fort. Das alles ist so schade bei den tollen Voraussetzungen!

Mein persönliches Problem war noch der unselige Fokus auf die Gerichtsverhandlung, der ein paar Kapitel einnahm. Ich kann amerikanische Gerichtsprozesse nicht haben, weder in Filmen noch in Büchern. Es kann ja kaum anders als ebenfalls zum Klischee zu verkommen. Die elenden missgünstigen Geschworenen, die überzeugt werden wollen. Die ach so karge Gefängniszelle. Die schwitzenden Zeugen im Kreuzverhör. Überhaupt das Kreuzverhör!

Trotz allem unterhält der Roman gut, begeistert für die Marsch und seine Bewohner und hat ein paar feine Beschreibungen parat. Wenn es nur nicht so kitschig werden würde! Wenn nur nicht die „Ich liebe dich aber wir können nicht zusammen sein“-Schiene gefahren würde. Tja, wenn...! Wer sich allerdings an ein bisschen Schnulze und Stereotypen nicht stört, der findet mit „Der Gesang der Flusskrebse“ sicherlich einen unterhaltsamen Roman in einem atmosphärischen Setting und mit einem netten Mix aus Krimi und Lovestory. Nur mein Geschmack war's eben nicht.

Kommentare

lex kommentierte am 12. Januar 2020 um 19:46

Ja, danke. Ich war sowieso schon misstrauisch. Hat sich damit erledigt. :-)