Rezension

DICHTUNG UND WAHRHEIT

Ein Teil von ihr
von Karin Slaughter

Bewertet mit 4 Sternen

Karin Slaughter ist vor allem für ihre Thrillerreihen bekannt. „Ein Teil von ihr“ ist jedoch ein Einzelband.

Der Thriller ist handwerklich gut gemacht, auch wenn man keine literarischen Finessen erwarten kann. Die Autorin konfrontiert den Leser mit zwei Handlungssträngen bzw. Zeitebenen, was mir gut gefiel. So kommt Abwechslung in die Erzählung.

Worum geht’s?

Die Protagonistin Andrea  zieht mit Anfang 30 wieder zu ihrer krebskranken Mutter, weil sie ihr Studium abbrechen musste. In den USA ist studieren bekanntlich ein teurer Spaß, und so hat Andrea „Andy“ Cooper schon als junge Frau einen beträchtlichen Schuldenberg angehäuft. Zu den finanziellen Problemen gesellt sich die Sorge um die kranke Mutter, und Andrea beschließt, sich um ihre Erzeugerin, zu welcher sie ein gutes Verhältnis hat, zu kümmern. Eines Tages wird jedoch das Leben der Heldin auf den Kopf gestellt, als es ausgerechnet bei Andreas Geburtstagsfeier in der Mall zu einem blutigen Zwischenfall kommt. Andrea wird unversehens zur Zielscheibe, doch die Mutter verteidigt ihr Kind wie eine Löwin, tötet den Angreifer sogar, ohne mit der Wimper zu zucken!

Andrea ist baff: war alles, woran sie glaubte, eine Farce? Ist ihr Leben gar auf einer Lüge aufgebaut? Wer ist ihre Mutter Laura Oliver wirklich?

Klar ist, dass die Vergangenheit erforscht und neu bewertet werden muss, und so beginnt die ehemalige Studentin auf der Flucht mit ihrer Recherche, die schier Unglaubliches zutage fördern wird…

 

„Ein Teil von ihr“ aus der Feder von Karin Slaughter (ich wundere mich immer wieder über den Nachnamen, es handelt sich nicht um ein Pseudonym!) habe ich gern gelesen, auch wenn die Spannung nicht durchweg gehalten wurde. Manchmal hatte ich beim Lesen das Gefühl, einen Hollywoodfilm zu schauen, und ich kann nicht sagen, ob ich das gut oder schlecht finde. Mit der Protagonistin Andrea hatte ich richtig Mitleid, sie erwischt es wirklich knüppeldick. Die Figuren sind für meinen Geschmack gut ausgearbeitet, gerade weil man sich als Leser an ihnen „reibt“. Andrea hat viele Schwächen, was sie in meinen Augen zu einer runden Figur macht. Nichts langweilt mich mehr als perfekte Protagonisten! Laura ist die deutlich aktivere Frau, vielleicht ist Andy gerade deshalb so passiv…

 

Den Stil der Autorin muss man allerdings mögen, denn Slaughter ist nicht unbedingt eine Meisterin der subtilen Andeutungen, es geht stellenweise richtig hart zur Sache, und manchmal waren mir Slaughters Ausführungen fast zu brutal, der Roman ist definitiv nichts für Zartbesaitete.

 

Der Roman hat mir trotzdem ein paar spannende Lesestunden beschert, auch wenn es Längen in der Erzählung gab. Am besten gefiel mir die Entwicklung der Figur Andrea. Auch das roadtrip Element lese ich immer wieder gern. Das Grundgerüst der Erzählung ist richtig gut gemacht und auch eine Portion Gesellschaftskritik schwingt mit. In Zeiten von Facebook und social media ist man schnell ein Versager, wenn man nicht die entsprechenden Hochglanzbilder einer erfolgreichen Karriere präsentieren kann, und auch ein Studium in einer Traumstadt ist kein Selbstläufer, wie Andy schmerzhaft erfahren muss.

Manchmal fühlte ich mich ob der „Wahrheit ist nichts als eine Konstruktion“ – These der Autorin allerdings wie in einem Proseminar. In der Gesamtschau überwiegt aber mein positiver Leseeindruck.

 

Fazit: „Ein Teil von ihr“ ist ein spannender Thriller mit überraschenden Wendungen, der mich trotz kleiner Schwächen spitze unterhalten hat!