Rezension

Die stillen Helden von Dieulefit

Die Kinder von Beauvallon -

Die Kinder von Beauvallon
von Bettina Storks

Bewertet mit 5 Sternen

Ein ganzes Dorf im Widerstand – wie war das möglich? In den 1940er Jahren, als die Juden aller Rechte beraubt und in den Vernichtungslagern ein schreckliches Ende fanden, gab es auch Menschen, die selbstlos waren. Bettina Storks erzählt in ihrem historischen Roman, der auf wahren Begebenheiten beruht, die Geschichte der „Kinder von Beauvallon“ und ihren Rettern.

Im Oktober 1940 haben Lily Blum und ihre Eltern gerade mal zwei Stunden Zeit, um einen Koffer zu packen, mehr ist nicht erlaubt. Schweren Herzens muss Agnes ihre Freundin Lily ziehen lassen, beide sind sie neun Jahre alt. Im letzten Augenblick zerreißt Lily ein Bild von ihnen beiden, jede bekommt die Hälfte und sie geben sich das Versprechen, eines Tages das Foto wieder zusammenzukleben.

Mittlerweile schreiben wir das Jahr 1965, Agnes ist die weibliche Stimme des Südwestfunks Freiburg. Fortschrittliche Themen sind tabu, die Prüderie dieser Zeit ist deutlich spürbar. Wolfgang Schober, ihr Förderer im Funk, erzählt ihr von einem kleinen Dorf in Frankreich, von Dieulefit, einem Zufluchtsort für die Verfolgten während des Zweiten Weltkrieges und deren Helfer. Agnes Interesse ist geweckt, auch weil sie hofft, hier eine Spur ihrer Freundin Lily zu finden.  

Lilys Weg verfolge ich ab dem Zeitpunkt, als sie 1940 abgeholt wird. Sie wird mit ihren Eltern in das Internierungslager Gurs verfrachtet. Julie, eine Fluchthelferin, holt sie hier heraus und bringt sie nach Dieulefit. Aber bis sie und die anderen Kinder in Sicherheit sind, müssen sie immer bangen, entdeckt zu werden.  

Diese beiden Erzählstränge lese ich im Wechsel und bald bin ich mittendrin in der ausgezeichnet recherchierten Geschichte, die von der Résistance, dem Kinderhilfswerk OSE, von den mutigen Fluchthelfern, aber auch von den Grausamkeiten der Nationalsozialisten oder der Vichy-Anhängern erzählt, um nur einiges zu nennen.

Immer wieder greife ich zu Büchern, in denen die stillen Helden und ihr selbstloses Handeln eine herausragende Rolle spielen und doch weiß ich wenig, zu wenig. Dies wird mir umso klarer, je mehr ich davon lese. Auch Dieulefit und die Schule Beauvallon waren mir kein Begriff. Ich bin der Autorin dankbar, dass sie mir einen Einblick in diese für viele so lebensgefährliche Zeit gewährt hat. Ja, Lily und Agnes sind fiktiv, sie stehen stellvertretend für die Kinder von damals und deren Schicksal. Und es gab sie, die stillen Helden und auch die Gründerinnen der Schule, die Guten Feen von Beauvallon und viele, die im Geheimen geholfen haben. Ein ist eindringlicher Roman, der es wert ist, gelesen zu werden, der innerlich aufwühlt und doch aufzeigt, dass es sowas wie Menschlichkeit, ein Füreinander-da-sein immer gegeben hat, immer geben wird.