Rezension

Dieulefit - Gott hat es gemacht

Die Kinder von Beauvallon -

Die Kinder von Beauvallon
von Bettina Storks

Ein sehr bewegender und spannender historischer Roman, der uns mit in eine der dunkelsten Zeiten Europas nimmt, hervorragend recherchiert und voll von Mut, Hoffnung und Zivilcourage!

Dieser Ort hat seinen Namen und seine Bedeutung ganz zu recht. Dieulefit -Gott hat es gemacht. Ein Ort im unbesetzten Teil Frankreichs, der mit ungewöhnlich widerständigen Einwohnern gesegnet war. Denunziation gab es in diesem Ort mit vorwiegend protestantisch geprägten Einwohnern nicht und sie vollbrachten ein wahres Wunder in einer der dunkelsten Zeit Europas.

Im Jahr 1965 hört die junge und für ihre Zeit toughe Radiomoderatorin Agnes von diesem kleinen Ort Dieulefit, in dem mehr als tausend Flüchtlinge Schutz gesucht haben, unter anderem viele jüdische Kinder, die in der Schule Beauvallon von eben diesen couragierten Bewohnern versteckt wurden. Agnes reist im Auftrag ihres Freiburger Radiosenders nach Frankreich, doch nicht nur der berufliche Auftrag bewegt Agnes. Sie hofft eine Spur ihrer jüdischen Kinderfreundin Lily zu finden, die mit ihrer Familie und den anderen jüdischen Einwohnern ihres Heimatortes Sulzburg im Oktober 1940 deportiert wurde. Seitdem fehlt jede Spur von Lily. Für Agnes ging das Leben in Deutschland nach dem Krieg weiter, sie strebt eine Karriere beim Rundfunk an und will unabhängig sein. Wie viele Nachkriegskinder ist sie mit dieser Mauer von Sprachlosigkeit und Unfähigkeit, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, konfrontiert und das nicht nur in ihrer Familie....

Doch Agnes ist entschlossen ein ganz bestimmtes Versprechen einzulösen, dass sie Lily einst gegeben hat. Ihre damalige Freundin jedoch will sich nicht finden lassen und als es Agnes doch gelingt, sie aufzuspüren, sieht sie sich einer völlig veränderten Lily gegenüber. Ihr Ziel und Vorhaben gestaltet sich zunehmend schwierig, aufwühlend und nicht ungefährlich.

Agnes und Lily waren beste Freundinnen und verstanden nicht wirklich, was in dieser Zeit passierte und zu was Menschen in der Lage waren anderen Menschen anzutun. Beide hatten sich auf irgendeine Weise immer im Herzen, doch 25 Jahre, viele schwere Verluste, verschwiegene Schuld und eine generationen- und länderübergreifende Gleichgültigkeit macht es den jungen Frauen schwer ihr Erbe anzunehmen und damit in gesunder Weise umzugehen. Es ist für den Leser spannend zu lesen und nachzuempfinden, wie die Kinder damals auf beiden Seiten mit dem Erlebten umgegangen sind und wie sie ihr Leben weiter gestaltet haben.

Bettina Storcks hat es mal wieder auf eine ganz wunderbare Weise geschafft, den Leser von Seite 1 an in den Bann zu ziehen. Wir begeben uns auf eine Zeitreise in das Jahr 1965, dieses Lebensgefühl kann ich noch gut nachvollziehen, und abwechselnd in das Jahr 1940 und werden in die dunklen Geschehnisse der damaligen Zeit, die auf wahren Begebenheiten beruhen, mit hineingenommen. Die Autorin versteht es, das komplizierte Geflecht des französischen Widerstands, den Mut und die Zivilcourage einzelner Menschen darzustellen und das Schweigen und die Sprachlosigkeit der Kriegs- und Nachkriegsgeneration wieder aufleben zu lassen. Für mich wäre Dieulefit und die Schule von Beauvallon ein Reiseziel, um den mutigen Frauen, die sich dort um die Kinder unter Einsatz ihres Lebens gekümmert haben, nachzuspüren und zu hoffen, dass auch ich mit einer solchen Zivilcourage gesegnet bin.

Absolut lesenswert!!