Rezension

Ein Buch das berührt

Einfach unvergesslich - Rowan Coleman

Einfach unvergesslich
von Rowan Coleman

Bewertet mit 5 Sternen

Mit 41 Jahren sollte man eigentlich nichts vergessen, das wirklich wichtig ist. Wie du wieder nach Hause kommst. Die Namen deiner Töchter. Deinen Ehemann. Wozu ein Telefon da ist....

Doch genau das geschieht mit Claire. Die grausame Diagnose steht fest: Alzheimer Demenz in einer sehr frühen Form und schnell voranschreitend. Niemand kann sagen, wie lange es dauert, bis alle Erinnerungen im Nebel verschwinden. 

Um sie zu unterstützen, ist Claires Mutter Ruth zu ihr gezogen. Aber auch für sie ist es sehr schwer zu sehen, wie ihre Tochter sich immer weniger zurecht findet. Auch Claires Vater war daran erkrankt und nun kommt all das erneut auf Ruth zu. 

Den Autoschlüssel haben sie ihr schon weg genommen, sie darf den Herd nicht mehr bedienen und seit kurzem geht sie auch nicht mehr arbeiten.

Es gibt noch so viel, das Claire erzählen möchte, dazu hat sie von ihrem Mann Greg ein Buch bekommen, in das sie schreiben kann, um die Erinnerungen festzuhalten. Dieses Buch wird von allen in der Familie genutzt, jeder schreibt, malt oder klebt ein kleines Stück Erinnerung hinein. 

Eine weitere Sache liegt Claire besonders am Herzen: Ihre älteste Tochter Caitlin soll endlich ihren leiblichen Vater Paul kennen lernen, doch der weiß noch garnicht, dass es sie überhaupt gibt. So gibt es also noch einiges zu tun, bevor Claire "verschwindet".

Meine Meinung

Dieses Buch trifft mich genau da, wo es soll- mitten in's Herz. Das hört sich entsetzlich kitschig an, ich weiss, aber dieses Buch ist es nicht. Ich habe es mit recht gemischten Gefühlen gelesen, denn es ist schwierig, nachzuvollziehen, was nicht nur in Claire, sondern auch in allen anderen Beteiligten vorgeht. Keine Mutter sollte erleben, wie die erwachsene Tochter sich langsam wieder zum Kind zurück entwickelt, wie demütigend und erniedrigend es ist. Schon allein die Vorstellung finde ich sehr traurig. Besonders dieses Kindliche kommt hier immer wieder zum Vorschein, denn Claire hat eine 4-jährige Tochter Esther, und die beiden haben oft viel Spaß miteinander und begeben sich damit unbewusst häufig in Gefahr. Esther weiß es noch nicht besser und Claire weiß es nicht mehr... Doch Claire hat auch noch lichte Momente, in denen ihr sehr wohl bewusst ist, was vor sich geht. 

So ist das Lesen für mich ein ständiges Hin und Her zwischen Lachen und Weinen. Besonders tragisch finde ich die Momente, in denen Claire ihren Ehemann nicht mehr erkennt, ihn anschreit und aus dem Haus werfen will, ihn einfach nicht mehr an sich heran lässt. Man fühlt förmlich die Hilflosigkeit und den Schmerz in der jeweiligen Situation.

Die Autorin ist hier einerseits mit viel Gefühl an die Sache heran gegangen, wobei sie auch sehr ehrlich ist. Es wird nichts schön geredet, es geht direkt zur Sache und zeigt das Problem wie es ist: Hinterlistig und gemein. Eben noch auf dem Weg zum Bahnhof, und schon im nächsten Augenblick im Schlafanzug auf der Suche nach keine Ahnung was.

Dieses Erinnerungsbuch ist eine sehr schöne Idee, die Abschnitte sind in kursiver Schrift geschrieben und zuoberst steht der jeweilige Name des Schreibers und das Datum der Erinnerung. 

Dazwischen befindet sich der Leser im Jetzt und erlebt den rapiden Abbau und das immer seltener werdende Aufflackern der wahren Claire.

Unterm Strich

Es hat mich sehr berührt und ich war ständig hin und hergerissen zwischen hilfloser Traurigkeit und herzlicher Freude, wobei ich auch immer die Tränen im Hintergrund spürte.