Rezension

Eine sehr bewegende Geschichte

Einfach unvergesslich - Rowan Coleman

Einfach unvergesslich
von Rowan Coleman

Claire hat frühmanifestierte Alzheimer-Demenz, die in einer enormen Geschwindigkeit voranschreitet. Im Zentrum des Buches stehen sie und ihre älteste Tochter Caitlin – wie sie jeweils mit der Diagnose umgehen und ihren Alltag nun neu. gestalten müssen.
Die Handlung wird unterbrochen von Einträgen in ein Erinnerungstagebuch, in dem jedes Familienmitglied einen Gegenstand oder eine Erinnerung beschreibt. Der Haupthandlungsstrang teilt sich nochmal in die Erzählungen von Claire und Caitlin, ihrer inzwischen erwachsenen Tochter. Da sich die Namen recht ähnlich sind und die Erzählperspektiven mit jedem Kapitel wechseln, habe ich einige Male Schwierigkeiten gehabt, die Personen richtig zuzuordnen.
Interessant ist, welche Erinnerungen für das Erinnerungstagebuch ausgewählt wurden. Es sind alltägliche Dinge, die aber für die jeweilige Person eine enorme Symbolkraft und Verbindung zu Claire herstellen. So wichtige kleine Erlebnisse dass sie davon ein Erinnerungsstück aufbewahrt haben. Man beginnt zu grübeln, welche eigenen Erinnerungen man festhalten würde. In Zeiten von Handykameras, wo jede hübsche Mahlzeit teilens- und erinnernswert scheint, wirkt es für mich recht schwierig, sich auf nur ein, zwei Momente festzulegen Die Autorin trifft hier genau einen wunden Punkt unserer multimedialen alles-teilen-alles-fotografieren-Gesellschaft. Man muss kurz inne halten und einen Schritt zurücktreten, um die wichtigen Momente zu erkennen. Ein Erinnerungsbuch hat nur begrenzte Seiten und muss mit Bedacht gefüllt werden.
Insgesamt musste ich das Buch einige Male zur Seite legen, weil mich das Schicksal dieser Familie doch mitgenommen hat. Besonders, weil Claire noch eine Tochter in dem Alter meiner eigenen Kleinen hat. Die Vorstellung, sie eines Tages einfach zu vergessen….
Das Buch ist ausgezeichnet geschrieben und vermittelt einem ohne große Gefühlsduselei und an manchen Stellen sehr pragmatisch, wie es ist, wenn man nach und nach vergisst. Was es jedoch so bewegend macht, ist, dass die Protagonistin eine junge, mitten im Leben stehende intelligente, leidenschaftliche Frau ist, die nach und nach nicht nur ihr Gedächtnis, sondern auch Teile ihrer Persönlichkeit verliert. Ihre Töchter sind noch jung und bräuchten beide selbst noch Hilfe. Es ist unendlich traurig, wenn man Caitlin dabei zusieht, wie sie quasi plötzlich ohne Mutter ist und dann kurz Claires Geist wieder klar ist und Rat für ihre verzweifelte Tochter hat. Auf der anderen Seite ist da Greg, ihr Mann, von dem sie sich deutlich zurückzieht. Sie erkennt ihn kaum noch und selbst wenn, scheint da eine Distanz zu sein, die sie nicht überbrücken kann. Besonders als sie den attraktiven Ryan kennen lernt, erinnert sie sich immer seltener an ihren Mann. Ihre Erinnerungen verblassen. Es ist ein steter Wechsel zwischen verwirrt / klar und man weiß nie, ob Claire zum letzten Mal wirklich bewusst da war oder ob es noch Hoffnung gibt.

Fazit: Man sollte dieses Buch sehr aufmerksam und vielleicht mit einigen Pausen lesen, um die verschiedenen Perspektiven auf sich wirken zu lassen, dann kommt man in den Genuss einer vielschichtigen Geschichte über ungewöhnliche Liebes, aber auch eine Geschichte über die Liebe einer Familie, über Zusammenhalt, über die Beziehung von Müttern und Töchtern, über Loslassen, Hilfe annehmen und im Augenblick leben.