Rezension

Ein Buch, das bewegt

Alte Sorten - Ewald Arenz

Alte Sorten
von Ewald Arenz

Sally, die aus der Klinik wegläuft und Liss findet, die ihr eine Unterkunft bietet. Sie bietet ihr viel mehr als das. Liss ist ganz ruhig und unaufgeregt im Umgang mit Sally, genauso, wie es ihr gut tut und wie sie es noch nicht erlebt hat. Natürlich ist recht schnell klar, dass Liss nicht einfach eine ganz ruhige Person ist, sondern dass es da ganz viel in ihr gibt, das verheilen muss. Das hilft ihr, Sally das zu geben, was sie in dem Augenblick braucht, als sie bei ihr ankommt.

Man erkennt an der Sprache, wie sich Sally verändert. Ist sie am Anfang noch ganz hart, wird es im Laufe der Zeit besser und die Sprache im Zusammenhang mit Sally wird weicher. Bei Liss sind es die Rückblicke oder besser die Fragmente, die im Laufe der Zeit das Bild von Liss‘ Geschichte immer klarer werden lässt und die Wahrheit wie ein Puzzle zusammenfügen. Erst gibt es eine Andeutung, dann den nächsten Hinweis und irgendwann die Auflösung. Es ist sprachlich ganz fein abgestimmt und arbeitet auf das Ende zu.

Die Kämpfe, die Sally führt, sind greifbar, genauso, wie das innere Leid, das Liss so lange schon mit sich trägt und nicht herausgelassen hat. Man spürt es beim Lesen, genauso wie man beim Lesen spürt, dass Sally heilt. Es sind so kleine Momente, wo es um Nahrungsaufnahme geht, um die Beschreibungen, wie Sally damit umgeht und auch wie eine Person aus dem Dorf, die alte Anni, diese kleine Momente der beiden Frauen auf eine besondere Art begleitet. Sie ist so eine Art Anker in der Geschichte, wie ein Baum, der Halt gibt.

Genauso gibt es auch immer wieder die dunklen Wolken, die dunklen Momente, wo deutlich wird, was für eine große Wunde jede der beiden Frauen in ihrem Inneren mit sich trägt.

Es gibt in dem Buch alles, was es für eine gute Geschichte gibt, es ist zwischendurch sehr spannend und es versprüht auf ganz und gar unkitschige Art eine besondere Wärme. Die Sprache von Ewald Arenz unterstreicht jeden Teil der Geschichte und beschreibt die Entwicklung der Personen und Stimmungen. Zwischendurch und am Ende musste ich sogar weinen, da es mich so berührt hat und betroffen gemacht hat. Die Eindringlichkeit mit der die innere Not der beiden Protagonistinnen beschrieben wird hat mich mitgenommen. Eine ganz große Leseempfehlung von meiner Seite für „Alte Sorten“.