Rezension

Alte Birnensorten – neue Freundschaften

Alte Sorten - Ewald Arenz

Alte Sorten
von Ewald Arenz

Bewertet mit 5 Sternen

Zwei Frauen, beide Außenseiter, begegnen sich und bereichern dadurch ihr Leben.

Die siebzehnjährige Sally ist eine Außenseiterin, sie kann und will sich nicht anpassen. Wieder einmal ist sie abgehauen, diesmal aus einer psychiatrischen Klinik, in der man sie zurechtbiegen wollte. Am Rande eines Dorfes trifft sie auf Liss, eine ältere, verschlossene und wortkarge Frau, die keine Freunde hat und alleine einen alten Bauernhof bewirtschaftet. Sie gewährt Sally für eine Nacht Unterschlupf – und es werden Wochen daraus. Sally hilft Liss bei den anfallenden Arbeiten im Hof, auf dem Feld, im Wald und bei der Weinlese. Diese Tätigkeiten in der Natur helfen der jungen Frau, sich zu erden und ihren Frust abzubauen - und auch Liss profitiert davon, indem sie aus ihrer Isolation und Vereinsamung herausgerissen wird. Ganz langsam kommen sich die beiden Frauen näher und ganz allmählich kommen auch ihre bisher unterdrückten Gefühle und erlittenen Verletzungen ans Tageslicht …

Ewald Arenz, geb. 1965 in Nürnberg, ist ein deutscher Schriftsteller. Er machte sein Abitur in Fürth, studierte an der Universität in Erlangen-Nürnberg zunächst Jura, wechselte dann das Studienfach zu Anglistik, Amerikanistik und Geschichte. Für seine literarischen Arbeiten wurde er bereits mit zahlreichen Kulturpreisen ausgezeichnet. Arenz ist Gymnasiallehrer in Nürnberg, wo er Englisch und Geschichte unterrichtet. Er ist Vater von drei Kindern und lebt in der Nähe von Fürth.

Ein Autor, ein Mann der über Frauen und ihre Gemütslage schreibt, das kann doch wohl nicht gut gehen? Doch, es geht sogar sehr gut, wie man hier feststellen kann. Arenz hat die seelischen und körperlichen Situationen, die mentale Verfassung und momentanen Stimmungen der beiden Frauen brillant erfasst und großartig zu Papier gebracht. Vom ersten Zusammentreffen an spürt man eine Harmonie zwischen ihnen, eine Seelenverwandtschaft, wie sie sonst nur zwischen Mutter und Tochter zu spüren ist bzw. zu spüren sein sollte.

Doch nicht nur die beiden Frauen sind Thema dieses Buches, eine wesentliche Rolle spielt auch die Natur. Mit Sally lernen wir die verschiedenen Obstsorten kennen, sind bei der Kartoffelernte und der Weinlese dabei, zeichnen im Wald die Bäume an und helfen den Bienen gut zu überwintern. Der Schreibstil ist dabei ausdrucksvoll und fesselnd von Anfang an. Besonders die beiden Protagonistinnen, aber auch alle Nebenfiguren, sind klar und präzise herausgearbeitet. Nach anfänglich ruhigem Dahingleiten nimmt die Geschichte ab etwa der Hälfte des Buches ordentlich Fahrt auf, um dann in einem unerwarteten, aber völlig realistischen Ausblick in eine hoffnungsvolle Zukunft zu enden.

Fazit: Ein stilles, unaufgeregtes Buch voller Zuversicht, das berührt und nachdenklich stimmt. Empfehle ich gerne weiter!