Rezension

Ein Lesehighlight !

Das Damengambit -

Das Damengambit
von Walter Tevis

Beth Harmon ist acht Jahre alt, als ihre Mutter bei einem Unfall ums Leben kommt und sie in ein tristes Waisenhaus gebracht wird, in dem die Mädchen am besten nur still sein, nicht auffallen und auf eine mögliche Adoption warten sollen. Doch das aufgeweckte Mädchen lernt durch den Hausmeister eine neue Welt kennen: Schachspielen. Ein Spiel voller Strategie, Phantasie, vorausschauenden Entwicklungen und Regeln. Beth lernt das Spiel nicht nur rasant schnell, sie scheint auch ein wahres Wunderkind zu sein, was das Schachspielen betrifft. Doch erst einige Jahre später wird ihr Talent sie zu nationalen und internationalen Turnieren führen, einer fast reinen Männerdomäne, bei denen sie sehr schnell die Fachwelt auf sich aufmerksam macht und sie auf immer hochklassigere Gegner trifft. Doch all der Ruhm verdeckt ihre Einsamkeit nicht. Als Beth nicht nur immer mehr nach den grünen Wunderpillen, die ihr bereits im Waisenhaus verabreicht wurden, greift, sondern auch nach Alkohol, droht ihr der große Absturz.

Autor Walter Tevis (1928-1984) schrieb den Roman bereits 1983. Durch die berühmte Verfilmung als Netflix-Serie wurde der Roman wiederentdeckt und im Diogenes Verlag veröffentlicht. Eine brillant erzählte Geschichte, die mich sehr gefesselt und berührt hat. Auch wenn man kein Schach spielt (wie ich) wird dieser Roman niemals langweilig, denn Schach ist hier zwar ein sehr wichtiger Bestandteil (über den man auch so einiges an Informationen bekommt), aber der Hauptaugenmerk liegt natürlich auf Beth. Tevis schafft es, Beth´s Entwicklungen kraftvoll, lebendig und vor allem sehr interessant zu beschreiben. Die Figur hat Tiefe, berührt und ihre Lebensstationen lösen auch beim Leser ein Auf und Ab an Gefühlen aus. Ohne goße Action, in einer ruhigen Erzählweise, hat es Tevis verstanden, mich voll auf diese Geschichte einzulassen. Eigentlich möchte man meinen, dass es hier um eine reale Geschichte handelt, so glasklar hat man Beth und ihr Leben vor Augen. Gerade im Rückblick hat man den roten Faden, der einen durch das Buch gezogen hat, vor Augen und erkennt das meisterhaft konstruierte Werk, in dessen Mittelpunkt die Entwicklung eines Mädchens zu einer Frau in einer von Männern dominierten (Schach)Welt steht.

Aber auch die Nebenfiguren, ganz klar Joline, Mrs. Wheatley, Mr. Shaible, Benny, aber auch viele der Schachgegner, haben mir sehr gefallen.  Sie alle sind wie Rädchen im Uhrwerk von Beth´s Entwicklung, mal sind es größere Zahnräder, mal kleine Ritzsel, aber sie bewirken etwas, sind interessante Figuren.

Der Erzählton ist ruhig und fast sachlich, weniger emotional, aber das verstärkt eher die hohe Emotionalität der Geschichte. Klare Leseempfehlung für ein beeindruckendes Werk, das zu einem meiner Jahreshighlights 2021 zählen wird.