Rezension

Ein schöner Generationenroman

Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid
von Alena Schröder

Bewertet mit 4 Sternen

Als Hannah zufällig einen Brief entdeckt, der an ihre Großmutter Evelyn addressiert und in welchem die Rede von einem während des Krieges verschollenen Kunsterbe ist, beginnt Hannah, Nachforschungen anzustellen. Denn bisher wusste sie nichts von diesem jüdischen Zweig in ihrer Familie. Evelyn scheint dabei nicht unbedingt an einer Aufklärung der näheren Umstände interessiert.

In einem zweiten, zeitlich während der Phase des Zweiten Weltkrieges einzuordnenden Handlungsstrang werden Ereignisse aus Evelyns Kindheit und Jugend sowie das Leben ihrer Mutter Senta in Berlin geschildert, und nach und nach verflechten sich die Schicksale verschiedener Frauenfiguren:

Da gibt es die 27-jährige Hannah, die seit dem Tod ihrer Mutter nicht mehr weiß, in welche Richtung sich ihr Leben entwickeln soll, die mit ihrer Doktorarbeit kämpft und gefangen ist in der Sehnsucht nach einem Mann, der ihre Zuneigung nicht nur nicht erwidert, sondern zudem ausgerechnet ihr Doktorvater ist; Senta, die vor einer unglücklichen Beziehung und dem Zusammenleben mit ihrer kleinen Tochter nach Berlin flieht und sich dort ein neues Leben aufbaut; ihre Tochter Evelyn, die zurückbleibt und fortan von ihrer Tante Trude aufgezogen wird, hin- und hergerissen zwischen zwei Welten; und Trude, die ihrerseits mit der Zeit feststellen muss, dass Evelyn alles ist, was ihr im Leben geblieben ist.

Jede der Frauen hat ihre eigene Geschichte, ihre eigenen Beweggründe, ihre eigenen Probleme, die sie zu bewältigen hat.

Der Leitfaden hinter alledem, das verbindende Element, sind mehrere Kunstwerke, die der jüdischen Familie von Sentas zweitem Mann gehörten und während des Krieges verschollen sind. Hannah versucht nach Erhalt des Briefes, diese Gemälde aufzuspüren und dabei die Vergangenheit ihrer Familie zu entwirren. Der Fokus des Buches liegt jedoch mehr auf dem Leben der Protagonistinnen als dem Wiederfinden der Gemälde.

Der Schreibstil ist flüssig, die Figuren authentisch beschrieben; ich hätte mir noch eine etwas stärkere Einbettung in historische Fakten gewünscht und vielleicht das Augenmwerk ein wenig mehr auf die Gemälde gelegt. Das Buch war ganz anders als erwartet, aber insgesamt habe ich die Lesezeit genossen und mir hat dieser Familienroman gut gefallen!