Rezension

Eine WG der Rätselerfinder und ein Findelkind

Das größte Rätsel aller Zeiten -

Das größte Rätsel aller Zeiten
von Samuel Burr

Bewertet mit 5 Sternen

Als Philippa/Pippa Allsbrook mit weit über 80 stirbt, erhält sie eine Kranzschleife mit Rätseltext, der erst zu entschlüsseln ist. Sie hinterlässt eine bröckelnde Villa in Bedfordshire und ihren Adoptivsohn Clayton, der ihrer Lebensgemeinschaft von Rätselerfindern dort vor 25 Jahren als Baby vor die Tür gestellt worden war.  Aus dem Wohnprojekt extremer Einzelgänger ragte Clayton nicht nur durch seine Jugend heraus, sondern ebenso, weil er keine Spiele oder Rätsel entwickelt.  Clayton erhält von seiner Adoptivmutter stilgerecht eine komplizierte Folge von Rätseln vererbt, für deren Lösung er auf Reisen gehen muss, um das Geheimnis seiner Herkunft endlich zu entschlüsseln. (Pippas letztes Rätsel als Leser:in direkt im Buch zu lösen, gelingt leider weder in der Print- noch in der ebook-Ausgabe überzeugend.) Es wird u. a. eine Reise sein in Pippas Leben vor Claytons Geburt, auf der er  sich überwinden muss, andere um Hilfe zu bitten.

Kryptologen, Lexikografen, Schachgroßmeister, Entwickler von Kreuzworträtseln  und begehbaren Labyrinthen finden im Alltag nur schwer Gesprächspartner.  Pippa hatte als junges Talent zusätzlich das Problem, als Frau völlig ignoriert zu werden. Eine  Begegnung im Pub und eine Taxifahrerin, die sich als Fan von Pippas Kreuzworträtseln in der Times outet, führten zur Gründung  der „Gemeinschaft der Rätselmacher“ und des gemeinsamen Wohnprojekts Creighton Hall.  Das Anwesen verfügt über ausreichend Land und Nebengebäude, damit jeder  brillante Geist ungestört seine  Ideen entwickeln kann. Leben, Entwickeln, Verdienen - in der Gemeinschaft klappt die Vermarktung  von Ideen, weil regelmäßig Artikel entwickelt werden, die sich auf Spielwarenmessen präsentieren lassen, wie z. B. Schiebepuzzles. Dass Stadtpläne und  Spielpläne auf demselben Holz wachsen und Taxifahrer-Gehirne ähnlich extrem verschaltet sind wie die von Spiele-Entwicklern, war Pippa bis zur Begegnung mit Nancy im Taxi nicht bewusst.

In gegenläufigen Handlungssträngen lässt sich in der Gegenwart Claytons  erzwungene Reifung verfolgen, die abwechselt mit Rückblicken in die Entwicklung der Gemeinschaft seit den 70ern. Mit einem knappen Dutzend exzentrischer Figuren, einer Häufung von Zufällen  und etwas zu märchenhaften Abläufen lehrt Samuel Burrs Erstling wie man in einem komplexen Plot um die Ecke denkt und beglückt seine Leser:innen mit Pippas Tatkraft im Dienst der Entwickler-Kommune.

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