Rezension

Gedanken über das Leben

Meine verlorene Freundin -

Meine verlorene Freundin
von Milena Busquets

Bewertet mit 3 Sternen

Unweigerlich muss ich bei dem Titel zu Milena Busquets Roman „Meine verlorene Freundin“ an Elena Ferrantes neapolitanische Freundschaftssaga denken und bin demzufolge etwas voreingenommen in meiner Erwartungshaltung an Busquets Buch. Doch die verlorene Freundin der Ich-Erzählerin ist bereits mit 15 Jahren an Leukämie gestorben – also nicht wirklich verloren gegangen, sondern in den Gedanken und Erinnerungen der Erzählerin ganz an den Rand gedrängt worden vom Weiterleben, erwachsen werden, Liebe erleben, Familie gründen, loslassen müssen. Alltag bewältigen. Nun, 30 Jahre später schiebt sich die tote Freundin Gema wieder in den Mittelpunkt der Erzählerin, fordert Raum für sich ein und regt Gedanken und Ideen zu Leben, Verlust, Abschied und Tod an.

Mir fiel es ein wenig schwer, Sympathie für die Ich-Erzählerin und damit auch ihrem Erzählen zu empfinden. Die Figur der Gema erscheint mir wie ein aufgesetzter Fixpunkt ohne wirkliche emotionale Empfindung zu sein. Einzig kreiert, um einen kleinen roten Faden zu haben, an dem entlang assoziativ Gedanken über das Leben, die Liebe und den Tod aufgereiht werden können. Die Ich-Erzählerin wirkt wahnsinnig oberflächlich auf mich, ihr leichtfüßiges Erzählen geht mir schnell auf die Nerven und ihr leichtfertiger Umgang mit anderen, ihr nahstehenden Menschen empfinde ich fast als unglaubwürdig. Doch in manchen ihrer Beobachtungen und Überlegungen kann ich mich auch wiederfinden. Manchmal ploppt auch in mir durch eine Assoziation oder vage Begegnung eine Situation oder Person der Vergangenheit in meinem Kopf auf und ich finde mich plötzlich am PC wieder, wo ich versuche im allwissenden Internet, Spuren dieser Person zu entdecken.

Das Erzählen Milena Busquets reizt mich auf eine unangenehme Art und Weise. Ihre Erzähler-Figur ist das Gegenteil von mir. Sie hat alles, was ich nicht bin und mir wünsche. Sie fordert mich heraus, scheint fast spöttisch zu sagen, „Schau her, wie man das Leben auch leben kann!“ Alles erscheint ihr leicht – der Umgang mit Verlust und Tod, mit vorübergehender Liebe, Begehren und begehrt werden, Mutterschaft, Karriere, der Umgang mit Freundschaft. Doch nehme ich ihr die Leichtigkeit nicht vollends ab. Es verbirgt sich wohl eher der Wunsch danach, das Leben so leicht wie möglich nehmen zu können, doch auch sie sucht zwischen den Zeilen nach Anerkennung und Bestätigung. So lässt mich dieser schmale Band ein wenig ratlos zurück.