Rezension

Gelungener Abschluss einer lebendigen Familiengeschichte um vier Schwestern von den 1940er- bis zu den 1970er-Jahren in Berlin.

Die Schwestern vom Ku'damm: Ein neuer Morgen -

Die Schwestern vom Ku'damm: Ein neuer Morgen
von Brigitte Riebe

Bewertet mit 4 Sternen

Miriam Feldmann ist in den 1960er-Jahren Chef-Designerin im Modehaus Thalheim am Ku'damm in Berlin. Als uneheliche Tochter des Patriarchen Friedrich Thalheim ist sie inzwischen in die Familie integriert und als vierte Schwester von Rike, Silvie und Flori ohne Frage akzeptiert. Verheiratet ist sie mit dem Restaurantchef des "Schanigarten", mit dem sie eine Tochter adoptiert hat. Jenny befindet sich inzwischen in der Pubertät und ist so erstaunt wie Miri selbst, als sie mit 42 Jahren schwanger wird. Zeitgleich begegnet sie Moritz wieder, bei dem sie während des Zweiten Weltkriegs als Jüdin Zuflucht gefunden und den sie aus den Augen verloren hatte. Erinnerungen kommen hoch an eine Zeit voller Angst, als Miri als jüdisches U-Boot eine Schattenexistenz in Berlin führte. 
"Ein neuer Morgen" ist Band 4 der "Die 50er-Jahre-Trilogie" und handelt dementsprechend schon nicht mehr in den 1950er-Jahren, sondern beginnt im Jahr 1966 und endet im Jahr 1971. 
Im Fokus der Handlung steht nicht mehr eine der Thalheim-Schwestern, sondern ihre uneheliche Halbschwester Miri. Nachdem ihr Vater jahrelang nicht zu ihr gestanden hatte, ist sie inzwischen ein vollwertiges Mitglied der Thalheims und nicht mehr nur eine Freundin der Thalheim-Schwestern. Ihre überraschende Schwangerschaft bringt sie ein wenig aus dem Gleichgewicht, sorgt jedoch auch dafür, dass sie sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzt, denn der Zweite Weltkrieg und die Folgen haben sie als jüdische Frau geprägt und traumatisiert. Durch die Wiederbegegnung mit ihrer jungen Liebe Moritz, der ihr nach dem Tod ihrer Mutter als erstes Unterschlupf gewährt hatte, überkommen sie Flashbacks. Durch den engen familiären Halt und die Liebe ihres Mannes schafft sie es jedoch, sich zu öffnen von den schrecklichen Ereignissen von damals zu berichten. 
Auch wenn der Fokus in diesem Band der Reihe auf Miri liegt, erfährt man weiterhin, was sich im Leben der anderen Schwestern in der Zwischenzeit ereignet hat, die alle einen Partner und Kinder haben und selbstbewusst auf eigenen Füßen stehen. Jede hat ihren Weg gefunden und eine charakterliche Entwicklung durchgemacht, was über die Jahre anschaulich zu verfolgen war. 
Durch den historischen Kontext, den die Autorin gekonnt mit der Handlung verknüpft, entwickelt man zudem ein Gefühl für die damalige Zeit und kann sich das Leben der Schwestern und die stetige Modernisierung des Kaufhauses Thalheim bildlich vorstellen. Ob relevante historische Ereignisse, Politik, Musik oder der Kleidungsstil - alle Facetten des damaligen Lebens tragen dazu bei und geben der Geschichte Authentizität sowie Lebendigkeit. 
Mir fehlte allerdings ein roter Faden und Aspekte, die dem Roman mehr Spannung verliehen hätten. So bewegten mich mehr die Rückblenden in die Jahre 1943 bis 1945 und Miris Erinnerungen als ihr Leben in den späten 1960er- und frühen 1970er-Jahren. 
Den vierten Roman dieser lebendigen Familiengeschichte könnte ich mir als runden Abschluss der Reihe vorstellen, da der Lebensweg aller vier weiblichen Nachkommen des Patriarchen beschrieben wurde und mit ihm eine Ära zu Ende gegangen ist. Da die Reihe aber ursprünglich als Trilogie ausgelegt wurde und so erfolgreich ist, ist nicht ausgeschlossen, dass noch weitere Teile folgen könnten. Vielleicht rückt dann noch Friedrichs Ehefrau Claire oder eine seiner Enkelinnen in den Fokus?