Rezension

Humorvolles, herrlich ironisches Buch!!

Geschenkt - Daniel Glattauer

Geschenkt
von Daniel Glattauer

Super Humor - und wunderbare Formulierungen in einer tollen Geschichte, die sich um Familie, Wohltätigkeit und das Leben an sich dreht!!

Schon seit ich "Gut gegen Nordwind" und "Alle sieben Wellen" gelesen habe, bin ich ein großer Fan von Daniel Glattauer und seinem sehr eigenen und besonderen Schreibstil. 

Und nun hatte ich das Glück, für eine Leserunde das Buch zu gewinnen - yiepphieh ich gewinne sonst fast nie etwas… - und so stürzte mich nach Eintreffen von "Geschenkt" (welch passender Titel…;-) direkt in das Buch hinein und….und konnte es kaum mehr aus der Hand legen. 

Die Formulierungen - oftmals sehr ironischer Art - waren wieder mal so herrlich, dass ich wusste, warum ich diesen Autor einfach toll finde.

"Ich hasste generell jede Art von großer Auswahl, sie gaukelte uns eine Freiheit vor, die im Grunde das genaue Gegenteil davon war."

Wahre Worte, denn häufig verursacht zu viel Auswahl Stress, sich zwischen diesen vielen Angeboten entscheiden zu müssen. Und dann noch für das Richtige. Und was ist überhaupt das Richtige…?

"Ich weiß, Gudrun, aber ich sage es dir, es ist absolut sinnlos, dass du dir Sorgen machst, die ich mir nicht mache. Es sind meine Sorgen, die gehören mir. Und ich mache sie mir, wenn ich sie mir mache, und wenn ich sie mir nicht mache, dann mache ich sie mir eben nicht, und erst recht mache ich sie mir nicht, wenn du sie dir an meiner Stelle machst. Verstehst du, was ich meine?"

Ja, durchaus, verstehe ich das…;-) Solche doch etwas wirr erscheinenden Gedankengänge  habe ich selber manchmal….Ich finde diese Formulierungen einfach großartig!!!

Geri selber, der Protagonist des Buches, ist ein Charakter, den ich sehr mag. Auch wenn er optisch nicht ganz so ansprechend zu sein scheint (kaputte Zähne, die ihm völlig egal sind, abgetragene Klamotten, einfach ein "leicht" ungepflegter Typ) gefällt mir seine Art zu denken und zu reden sehr. 

Oft musste ich laut lachen über seine trockenen und gleichzeitig sehr witzigen Gedankengänge, die er auch nicht immer zur Freude seiner Mitmenschen unverblümt offen und ehrlich äußert. Das mag ich sehr an ihm…. Was mich jedoch ein wenig genervt hat, ist sein Alkoholismus - den er selber absolut ausblendet, was wahrscheinlich bei nahezu jedem Alkoholiker der Fall ist. Trotzdem finde ich ihn als Typ einfach klasse! 

Auch die anderen Charaktere in diesem Buch sagen mir hauptsächlich sehr zu. Sein Sohn Manuel, der sehr aufgeweckt ist und nach ersten Anfangsschwierigkeiten gut mit Geri klarkommt, ist ein angenehmer Mensch, der sich ebenso wie Geri voller Elan für Dinge ins Zeug legt, wenn er von diesen überzeugt ist. Und diese Kombination der beiden zusammen hat dann irgendwie eine "Lawine" ins rollen gebracht. 

Die Zahnärztin jedoch hat bei mir bis zum Ende kaum Sympathiepunkte gewinnen können. Irgend etwas stört mich massiv an ihr….

Auch aus Manuels Mutter, Alice, werde ich nicht recht schlau. Wie kommt man auf die Idee, sein Kind zu (s)einem Vater zu geben, ohne dass dieses Kind weiß, dass es sein Vater ist. Und wenn man dann noch zu diesem Mann kaum, wenn nicht sogar überhaupt keinen Kontakt hat, kann ich das aus Sicht einer Mutter nicht nachvollziehen! Egoismus? Oder welche Beweggründe treiben einen dazu?  

Gibt es das denn, dass man selber unter solchen Bedingungen für ein halbes Jahr seiner Berufung als Ärztin folgt und nach Afrika geht, und gleichzeitig ein solches Risiko für sein Kind eingeht? Denn was wäre passiert, wenn die beiden sich überhaupt nicht verstanden hätten und man selber so weit weg ist, dass man die Situation nicht einfach mal eben retten kann…?!  OK, ich gebe es zu, es werden viele Gedanken angestoßen in diesem Buch, mit denen man sich näher beschäftigen kann und das ist auch gut so….

Na ja, und es muss auch etwas "unreelles" in diesem Buch geben. Denn interessanterweise liegt dieser verrückten Grundidee von "Geschenkt" ein wahrer Kern zugrunde: Das "Wunder von Braunschweig". Hier wurde eine Serie zahlreicher anonymer Bargeld-Spenden in Braunschweig an soziale und karitative Einrichtungen sowie unverschuldet in Not geratene Einzelpersonen verteilt, die im November 2011 ihren Ursprung hatte. (Nur wurde für den Handlungsort im Buch nicht Braunschweig, sondern Wien gewählt….). Das hat mich natürlich sehr interessiert, als ich auf diesen Hinweis beim Durchblättern des Buches gestoßen bin….

Fast der einzige Mangel in diesem Buch besteht für mich darin, dass zu viele Dinge über das Ende hinaus ungeklärt und offen bleiben. Dabei handelt es sich zwar oft "nur um Kleinigkeiten", das "Große und Ganze" wird aufgelöst, hat aber meinen Begeisterung doch ein wenig geschmälert. Vielleicht erscheint ja noch eine Fortsetzung - Raum dafür wäre in jedem Falle noch vorhanden….

Freunde von Glattauers Art und seinem Humor kommen allerdings auch bei "Geschenkt" wieder einmal voll auf ihre Kosten - meine Lesestunden sind jedenfalls wie im Fluge vergangen..passend zu den süßen kleine Papierfliegern auf dem Cover….