Rezension

Interessanter Science Fiction-Roman

Die Reinsten - Thore D. Hansen

Die Reinsten
von Thore D. Hansen

Bewertet mit 4 Sternen

INHALT

Die Erde im Jahr 2191: Nach einer Zeit von verheerenden Kriegen, Seuchen und Klimakatastrophen hat die künstliche Intelligenz "Askit" die letzten Überlebenden in eine Ära des Friedens geführt. Um die Regeneration des Planeten zu sichern, erwählt die KI eine Elite aus, deren Persönlichkeitsentwicklung ständig von ihr überwacht und gesteuert wird, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen: Die "Reinsten".

Eve Legrand erfüllt alle Kriterien, um eine Reinste zu werden, und wird von der KI zur wichtigsten Prüfung ihres Lebens anerkannt. Doch anstatt in diesen elitären Kreis aufgenommen zu werden, wird sie ohne Erklärung verstoßen. Ihr bleibt nur die Flucht in die Zonen, die nicht von “Askit” kontrolliert werden. Dort wird sie mit einer Wirklichkeit konfrontiert, die ihre gesamten Werte und Vorstellungen radikal infrage stellt.

(Quelle: Golkonda Verlag)

MEINE MEINUNG

Mit seinem neuesten Buch „Die Reinsten“ ist dem deutschen Autor Thore D. Hansen ein beeindruckender und nachdenklich stimmender Science Fiction-Roman mit beklemmenden dystopischen Elementen gelungen. Die Vielschichtigkeit und Detailtiefe seiner düsteren Zukunftsvision und die fesselnde Geschichte rund um das faszinierende, sehr glaubwürdig ausgearbeitete Thema Künstliche Intelligenz konnten mich sehr überzeugen.

Der Roman bietet eine spannende und brisante Auseinandersetzung mit tiefgründigen, hochkomplexen Themen, die jeden von uns angehen. Sehr differenziert beleuchtet der Autor wichtige Fragestellungen, wie beispielsweise unsere Zivilisation in einer fernen Zukunft aussehen wird, das Überleben auf unserem Planeten trotz desolater Zustände gewährleistet werden könnte oder welche Möglichkeiten und Risiken neue Technologien bringen.

Angesiedelt ist Hansens Utopie in einer fernen Zukunft Ende des 22. Jahrhunderts nach dem Zusammenbruch der alten Zivilisation durch Klimawandel, Umweltverschmutzung und ungebremstes Bevölkerungswachstum. Hansen lässt uns eintauchen in eine hochtechnisierte, völlig durchorganisierte Welt, die noch immer gezeichnet ist von der lang zurückliegenden, verheerenden Klimakatastrophe. Dank des anschaulichen Erzählstils und vieler detaillierter Erläuterungen zu seiner erschaffenen, recht komplexen Welt der Zukunftsvision, fällt der Einstieg in die Geschichte nicht schwer. Die technischen Fachbegriffe und gut recherchierten Zusammenhänge werden gut eingeführt und halten sich angenehm im Hintergrund.
Gekonnt gibt uns der Autor Einblick in eine neue Klassen-Gesellschaft, die von einer künstlichen Superintelligenz namens ASKIT gelenkt und überwacht wird. Um fatale Fehler aus der Vergangenheit und eine neue Katastrophe zu vermeiden, hat diese KI mit ihrem Wertesystem und eigener Selbstoptimierung die Geschicke der gesamten Menschheit in der Hand. Sie unterstützt sie dabei, sich selbst zu optimieren, ihren Lebensraum wieder bewohnbar zu machen und wacht über die aktuellen Klimaentwicklungen. Eine speziell für ihre Arbeit mit ASKIT selektierte, menschliche Elite sind „Die Reinsten“, die Hirnimplantate besitzen, die eine direkte Kommunikation mit der alles beherrschenden KI ermöglichen und ihre Psyche für ihre Aufgaben beeinflussen und steuern.

Mit der sympathischen Protagonistin Eve Legrand, die als stolze Auserwählte kurz davorsteht, in die Akademie der Wissenschaft aufzusteigen zu werden, lernen wir diese bizarre Welt und die unvoreingenommene Gedankenwelt der „Reinsten“ kennen. Doch schon bald kommen auch ihre massive Zweifel an ASKITs-Entscheidungen, ihr perfektes Weltbild gerät zusehends ins Wanken und Eve steht vor schwierigen ethisch- moralischen Entscheidungen.

Obwohl das gut überschaubare Figurenensemble glaubwürdig und vielseitig ausgearbeitet ist und sich gut in die Geschichte einfügt, bleiben die Protagonisten recht blass. Bisweilen fehlten mir einige ergänzende Erläuterungen zu ihren Gedanken und Handlungsweisen, so dass ich mich nicht sehr gut in sie hineinversetzen und mit ihren mitfiebern konnte.

Hansen hat er eine durchaus fesselnde und abwechslungsreiche Handlung entworfen, die den Leser auch ohne viele Actionszenen zu unterhalten weiß. Im sehr dialogbetonten und informationslastigen Mittelteil tritt der Fortgang der Handlung jedoch sehr in den Hintergrund, so dass einige Längen auftreten und der Spannungsbogen deutlich einbricht. Je weiter die Geschichte dann aber voran schreitet, desto gewaltiger nimmt sie an Fahrt auf und gipfelt schließlich in einem äußerst fesselnden, unerwarteten Ende.

Die Gesamt-Handlung ist überzeugend genug, so dass man locker über einige kleine Schwächen im Plot und bei den Charakteren und zahlreichen Tippfehlern, die dem Lektorat durchgegangen sind, hinwegsehen kann. Der recht schlicht gehaltene, flotte Schreibstil von Hansen liest sich insgesamt angenehm.

Hansen hat in seinem Roman ein beklemmendes und erschreckend realitätsnahes Szenario ersonnen, denn viele der geschilderten Klima-Phänomene erleben wir bereits heute ansatzweise und der baldige Kollaps der Ökosysteme scheint ebenfalls in naher Zukunft denkbar. So futuristisch seine düstere Zukunftsvision mit einer allmächtigen KI und technisch perfektionierten Menschen auch scheint, wirkt sie doch sehr glaubwürdig und könnte basierend auf der Weiterentwicklung heutiger Technologien durchaus Realität werden.

FAZIT

Ein beeindruckender, nachdenklich stimmender Science Fiction-Roman mit einem beklemmenden und erschreckend realitätsnahen Szenario! Lesenswert!