Rezension

Perfekte Mischung aus Historie und Liebesgeschichte

Die Rebellinnen von Oxford - Verwegen -

Die Rebellinnen von Oxford - Verwegen
von Evie Dunmore

Bewertet mit 5 Sternen

„Die Rebellinnen von Oxford“ ist eine Trilogie von Evie Dunmore, die im LYX-Verlag erscheint und die Geschichte dreier junger Frauen im England des 19. Jahrhunderts erzählt. „Rebellinnen“ sind sie, weil sie sich gegen die festgefahrene Ordnung auflehnen und für die Rechte von Frauen kämpfen.

Im ersten Band, „Verwegen“, geht es um Annabelle Archer, die als eine der ersten Frauen in Oxford studieren darf. Leisten kann sie sich das nur durch ein Stipendium. Voraussetzung hierfür ist, dass sie die Frauenbewegung vor Ort unterstützt. Ihr erstes Ziel: das einflussreiche Mitglied des House of Lords, Sebastian Devereux, für ihre Sache zu gewinnen. Während er nach Außen unnahbar und distanziert erscheint, ist er fasziniert von Annabelle, ihrem Intellekt, ihrer Sturheit und wie sie sich von allen anderen Frauen unterscheidet. Doch abgesehen von dem enormen Standesunterschied, steht Sebastian für alles, was Annabelle und ihre Gefährtinnen niederreißen wollen.

 

Bereits in der Vorschau ist der Reihenauftakt sofort auf meine Wunschliste gewandert, da die Kombination aus Historischem und Liebesroman einfach perfekt in meinen Lesegeschmack passt. Dazu noch das Thema Frauenrechte und Emanzipation und ich blieb sofort daran hängen.

 

Auch das Cover hat mich direkt abgeholt, da ich zum einen den unmittelbaren Bezug zum Inhalt liebe, zum anderen auch begeistert bin, wie viel ein einzelnes Bild schon aussagen kann. Die Kleidung ist passend zur Epoche gewählt und lässt die Betrachter:innen sofort in dieses Jahrhundert eintauchen. Ein Buch auf dem Cover eines Romans ist für Bücherwürmer natürlich auch direkt ein Blickfang – egal wie klein oder altertümlich es aussieht. Dass die abgebildete Frau es hinter ihrem Rücken versteckt, macht neugierig: Was steht in dem Buch? Vor wem versteckt sie es? Was würde passieren, wenn man es bei ihr findet? Ein absolut gelungenes Cover.

 

Evie Dunmores Schreibstil hat mir ebenfalls gut gefallen. Ich konnte die Situationen direkt vor meinem Auge sehen. Auch die Personen, Annabelle und Sebastian, aber auch Annabelles Freundinnen oder ihr Professor sind alle so prägnant geschrieben, dass ich kein Problem damit hatte, sie direkt in meinem Kopf zu sehen und sogar zu hören. Zudem wird die Balance zwischen historischem Vokabular und Erklärungen gut gehalten: der Text ist verständlich und gleichzeitig authentisch.

Dass so ein großer Fokus auf die Politik und die Frauenrechte gelegt wird, hat mich begeistert. Natürlich nimmt die Liebesgeschichte ebenfalls viel Raum ein, denn es ist nun mal ein Liebesroman. Von Annabelles Studium erfährt man hingegen nicht allzu viel. Das habe ich jedoch auch nicht vermisst. Im Gegenteil: Ich finde die beiden genannten Themen absolut ausreichend und hätte mir nicht gewünscht, dass diese weniger intensiv behandelt werden, nur um mehr vom Studienalltag zu lesen.

 

Mein Herz schlägt für Annabelle! Sie ist nicht nur gebildet, uneitel und zielstrebig, sie ist auch clever, eine Strategin und vor allem unermüdlich. Ein großartiges Vorbild und genauso, wie ich mir eine Suffragistin (den Begriff habe ich hier neu gelernt) bzw. Suffragette vorgestellt habe.

Auch Sebastian hat mich im Sturm erobert. Dieses Kühle, Unnahbare – man weiß nicht, woran man bei ihm ist - finde ich verlockend. Er ist ebenfalls sehr klug, höflich und lässt sich nicht von Politik und Stand blenden. Kopf und Herz tragen einen schmerzhaften Kampf aus, den ich jedes Mal intensiv spüren konnte – obwohl ich mich sonst immer mehr in die Protagonistin als in den Protagonisten hineinversetzen kann.

Der Konflikt, der hier aufgebaut wird, ist großartig! Die Diskussionen und das Necken zwischen diesen beiden Charakteren sind absolut unterhaltsam und genauso leidenschaftlich. Ich habe jedes Gespräch und jeden Brief, den sie ausgetauscht haben, genossen.

 

Jede Liebesgeschichte braucht natürlich ihr eigenes kleines Drama. Was in diesem Buch aber sehr gelungen ist: Das Problem ist wasserdicht und greifbar und kein künstliches Drama, was man irgendwie auflösen kann, in dem man einfach miteinander spricht. Das hat die Autorin großartig ausgeführt. Mit dem Ende habe ich nicht gerechnet, schien doch die Auflösung von vorneherein auf der Hand zu liegen. Evie Dunmore hat es aber anders gemacht, ein hervorragendes Ende gefunden und mich damit auch noch überrascht. Was will man mehr?

 

Ich habe mich außerdem sehr über das Nachwort der Autorin zum historischen Hintergrund gefreut. Für mich ein must have, dass am Ende eines historischen Romans alles noch ein wenig in Kontext gesetzt wird.

 

Zusammenfassend komme ich zu 5 von 5 Sternen. Evie Dunmore hat für mich alles richtig gemacht. Ich bin rundum zufrieden, meine Erwartungen wurden weit übertroffen mit dieser perfekten Mischung aus Historie und Liebesroman. Band zwei („Unerschrocken“; ET 27.08.2021) und drei („Furchtlos“; ET 23.12.2021) werde ich mir sofort kaufen!