Realität vs. Fiktion
Bewertet mit 3.5 Sternen
In "Atme" geht es um eine junge Frau, die mit ihrem Partner an einem ganz gewöhnlichen Nachmittag in der Stadt zum Bummeln unterwegs ist. In einem Laden entdeckt sie ein wunderschönes Kleid und probiert es direkt an. Als sie es ihrem Mann zeigen möchte, stellt sie fest, dass dieser nicht mehr vor der Umkleidekabine auf sie wartet. Irritiert zieht sie sich wieder um und sucht zunächst im Laden, dann auf der Straße nach ihrem Mann, doch dieser scheint wie vom Erdboden verschluckt. Als sie ihn auch telefonisch nicht erreichen kann, gerät sie langsam in Panik. Sie redet sich ein, dass etwas Schlimmes passiert sein muss, da er auch zuhause nicht mehr auftaucht. So kontaktiert sie alte Freunde und Familie, doch stößt dort nur auf Ablehnung. Einzig seine Ex-Frau ist bereit, ihr bei der Suche zu helfen.
Der Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen, leicht verständlich und flüssig geschrieben. Die Sätze sind eher kurz gehalten und haben oft etwas Poetisches. Zu Beginn gibt es einige Zeitsprünge, die jedoch gut in den Kontext der Geschichte eingebunden sind und auch zum Verständnis beitragen. Der Roman ist komplett aus der Sicht der jungen Frau geschrieben, deshalb erfährt der Leser viel über ihre Gedanken und Emotionen. Anfangs dominiert diese Beschreibung die Geschichte und es gibt wenig Handlung, doch nach und nach entwickeln sich die Ereignisse. Hat man zu Beginn noch Mitleid mit Nele, kommen an der ein oder anderen Stelle langsam Zweifel auf und auf eine ganz subtile Art und Weise beginnt man selber, Vieles in Frage zu stellen und aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Es ist ein perfides Spiel, herauszufinden, was Realität und was Einbildung ist. Als Leser versucht man ständig, beide Seiten zu berücksichtigen und möglichst neutral zu beurteilen, wer nun im Recht ist, das ist wirklich gut gemacht. Die Hauptfigur durchlebt eine große Veränderung im Laufe des Buches, von der besorgten Lebenspartnerin über die brutale Einbrecherin, die vor Gewalt nicht zurückschreckt, bis hin zur wahngetriebenen Psychopathin.
Mein Fazit für dieses Buch, es ist eine spannende Geschichte, bei der man als Leser selber mitdenken und sich sein eigenes Urteil bilden muss und die einen bis zum Ende fesselt.