Rezension

Schweigen

Krummes Holz
von Julja Linhof

Georg, genannt Jirka, kehrt nach fünf Jahren auf dem Internat nach Hause zurück. Er hat es lange vermieden zu kommen und trifft deshalb vor allem auf Ablehnung seiner Schwester. Neben ihr findet er noch die demente Großmutter Zuhause und Leander, den Sohn des alten Gutsverwalters.

Jirka tut sich sichtlich schwer im Hof anzukommen, immer wieder überkommen ihn Gedankenspiralen seiner Kindheit, die sehr gut dargestellt werden. Sie machen seine Erfahrungen spürbar, allerdings ist der Lesefluss dadurch zerissen und man muss sich immer wieder neu orientieren. Die Brüche scheinen jedoch gewollt zu sein, denn auch Jirka muss sich immer wieder neu finden und überlegen wie tief er in seine Vergangenheit gezogen werden will.

Hilfe von seiner Schwester kann er dabei nicht erwarten, aber von Leander, der ihm offen gegenüber steht und ihm Möglichkeiten zeigt sich nützlich zu machen. In der kargen Landschaft, die um den Hof herrscht, erfahren wir mit Jirka viel emotionale Kälte. Alle Gedanken lassen einen leicht schaudern, auch wenn im Buch Hochsommer herrscht. Es werden viele Themen angesprochen: Auseinandersetzung mit der sexuellen Orientierung, sexueller, körperlicher und auch psychischer Missbrauch, Alkoholismus, Verlust von engen Familienmitgliedern, aber auch Aussiedlung und Kriegstraumata. Am Ende irgendwie unglaublich viel und vor allem keine wirkliche Aussicht auf Glück.

Insgesamt ist die Atmosphäre sehr gut dargestellt und ich fand die Beschreibungen von Jirka mit seiner Art der Trauma (Nicht)Verarbeitung gut dargestellt. Ein wenig Zugang hätte ich mir am Ende jedoch gewünscht, denn die Geschwistern öffnen sich nur aus dem Zwang heraus und schaffen sich in diesem Moment ein weiteres Problem für die Zukunft, sodass das Buch einen rastlos zurück lässt.