Rezension

Lesenswerte Milieustudie

Krummes Holz
von Julja Linhof

Bewertet mit 4.5 Sternen

Nicht immer leicht zu lesen, mMn jedoch lohnenswert!

Schon die 30-seitige Leseprobe von Julja Linhofs unter der ISBN 978-3-608-96609-1 am 17.02.2024 vom Klett Cotta Verlag veröffentlichten, 272 Seiten umfassendem Roman "Krummes Holz" vermochte mich zu überzeugen, sodass ich auf das Buch gespannt war. Und ich wurde denn auch nicht enttäuscht!
Das mit einem mich sowohl farblich als auch thematisch ansprechenden Cover versehene Werk konfrontiert uns nach einem titelbezogenen Kant-Zitat mit der problembeladenen Flüchtlingsfamilie Schilling, die sich nach dem 2. Weltkrieg auf einem in Taunusnähe gelegenen einsamen Gehöft in der Provinz Südwestfalen ansiedelte.
Der 19-jährige Protagonist Jirka (eigentlich - genau wie sein Vater - Georg) kehrt in glühender Sommerhitze nach mehr als 5 Jahren aus dem Internat zurück auf den mittlerweile ziemlich heruntergewirtschafteten Gutshof.
Dort leben zZt. der einige Jahre ältere Leander, Sohn des letzten Verwalters, der Jirka einst näher stand als sein eigener Vater, Jirkas Schwester Malene, die den Hof irgendwann gern übernehmen würde, zumal der eher künstlerisch veranlagte Jirka weder Interesse noch Begabung dafür zeigt, sowie die demente Oma Agnes. Mutter Schilling starb einst in der Heilanstalt, Vater Georg ist seit einiger Zeit verschwunden.
In der Familie herrschten und herrschen z. T. immer noch weitgehend Sprach- und Lieblosigkeit, Jirka wurde vom Vater körperlich und seelisch oft verletzt.
In in der Gegenwart sowie in der Vergangenheit spielenden Puzzleteilchen erfahren wir langsam mehr und erhalten in passendem Erzählstil  eine stimmige Milieustudie.
Die damals noch unter Strafe stehende Homosexualität , Demenz sowie Alkohol- und Rauschmittelsucht werden darin  thematisiert, was nicht immer leicht zu lesen, mMn jedoch lohnenswert ist.