Rezension

Starkes Debüt ...

The Dry - Jane Harper

The Dry
von Jane Harper

Bewertet mit 5 Sternen

Kiewarra ist ein kleines Städtchen voller Farmer im australischen Nirgendwo und jeder kämpft, gegen die Dürre an, die jedermanns Existenz bedroht. Genau dort wird Luke Hadler, seine Frau und ihr Sohn Billy erschossen aufgefunden. Der Verdacht wird schnell zur Sicherheit, dass Luke durchgedreht ist und Suizid an sich und seiner Familie begangen hat. Zur Beerdigung taucht nach zwanzig Jahren sein Jugendfreund Aaron Falk im Ort auf, um sich gebührend zu Verabschieden und den Eltern sein Bedauern auszudrücken. Diese hatten ihm als Kind, wie einen eigenen Sohn behandelt und so kann Aaron den Wunsch nicht ausschlagen, sich selbst die Sache einmal anzusehen, immerhin ist er doch Polizist. Für Aaron ist es eine verzwickte Situation, denn er möchte nicht, das alte Wunden wieder aufbrechen, aber er möchte auch keinen enttäuschen. So geht er mit Sergeant Raco den Fall noch einmal durch und beide, stoßen auf einige Ungereimtheiten. Hat Luke wirklich Suizid gegangen? Was ist Aaron damals in Kiewarra passiert? Und werden sie überhaupt die Wahrheit ermitteln können, bei dieser Hitze und dem Misstrauen der Leute?

Dieser Thriller ist mir sofort ins Auge gesprungen und obwohl ich nicht so der Australien Fan bin, stand er ganz oben in meiner Lesewunschliste. Ich mag ja unglaublich gern, wenn es um eine kleine Gemeinde geht, wo jeder jeden kennt und man denkt, man weiß alles und dann verbergen sich doch so viele dunkle Geheimnisse hinter verschlossenen Türen. Daraus kann man richtig was machen, und wenn es gut ist, dann ist das Enträtseln aufregender, als die Jagd nach einem Serienmörder. Außerdem finde ich es immer spannend, wenn sich Hollywood schon die Filmrechte bei einem Debüt gesichert hat. Da juckt es mich immer in den Fingern, ob es mir gefällt und ich es verstehen kann, das man, das verfilmen möchte.

Aaron Falk ist unser Hauptakteur und durch seine Augen erleben wir das Geschehen hautnah mit. Er lebt in Melbourne, allein und arbeitet bei der Polizei, allerdings nicht bei der Mordkommission, sondern ist Spezialist bei Finanzverbrechen und das, sehr erfolgreich. Außerdem ist sein Äußeres recht auffällig, er hat eine sehr helle Haut und fast weißes Haar, seine alten Freunde sagen immer, er hätte den Albinolook perfektioniert und naja, so fällt er natürlich immer auf. Seine Erinnerungen von Kiewarra sind recht durchwachsen und er hat ein beklemmendes Gefühl an den Ort seiner Kindheit zurückzukehren. Immerhin war der damalige Vorfall einschneidend für sein Leben und selbst er hat das Geschehen nie richtig überwunden, aber nun wird er mit Misstrauen, Verachtung, blinder Wut empfangen und das  macht seine Ermittlung, nicht gerade einfach. Ich hatte mir Aaron irgendwie anders vorgestellt, aber in meinem Kopf ist ja alles möglich. Er ist ein stiller und bescheidener Mann und ich mochte seine Art und Denkweise, er urteilt nicht schnell und geht sehr behutsam mit seiner Umwelt um, obwohl man es ihm im Ort so schwer macht. Ich wäre nicht nur einmal ausgeflippt, wo er ruhig Blut bewahrt hat. Ein interessanter Mann, dessen Weg man einfach gebannt verfolgt.

Eigentlich gibt es zwei Geschichten in einem Roman und je mehr man darin hinein taucht, um so verschwommener und verworrener wird es. Wir haben zum einen, die Vorfälle aus der Vergangenheit die Aaron selbst mit betreffen, vier Freunde in einem kleinen Ort, zwei Jungs und zwei Mädchen, das klingt nach Missverständnissen, vielen Hormonen und Dingen, die nie wirklich aufgeklärt worden sind. Nun ist einer tot und die Umstände mehr als schrecklich. Aaron muss sich zurückerinnern, wäre Luke dazu in der Lage gewesen, welche Erinnerungen könnten dabei helfen und was für Erkenntnisse erlangt er nach so vielen Jahren. Die Ermittlungen werden immer undurchsichtiger, verwirrender und je mehr man liest, bekommt man immer wieder ein wechselndes Bild vom Toten. Die Rückblenden sind dabei hervorragend eingeflochten und machen einen unglaublichen Spannungsbogen aus. Immer wieder schwenkt man um und ist sich nicht sicher, was man glauben kann, oder nicht.

Jane Harper erzählt mit unglaublich viel Geschick und Feingefühl eine Geschichte aus Freundschaft, Heimat und Loyalität. Die Autorin spielt mit ihren Lesern und lässt sie zwischen Vergangenheit und Gegenwart rätseln, jede Erinnerung lädt zum Interpretieren ein und lässt das Geschehene immer wieder in anderem Licht erscheinen. Dazu hat sie ein unglaublich gelungenes Setting drum herum gebaut, die frustrierten Farmer, der Zusammenhalt der Gemeinde und die versenkende Hitze, die Flüsse austrocknen lässt, machen unseren Ermittler mächtig zu schaffen.

Ich konnte das Buch nicht aus den Händen legen und fand diese anschleichende Spannung großartig umgesetzt. Die Figuren glaubwürdig und realitätsnah und eine Atmosphäre zum Greifen. Mich konnte sie mit ihrem Debüt voll begeistern und überzeugen, mein Kopfkino lief auf Hochtouren.