Rezension

Übers literarische Schreiben

Der unschuldige Mörder - Mattias Edvardsson

Der unschuldige Mörder
von Mattias Edvardsson

Bewertet mit 4 Sternen

12 Jahre nach seinem Studium des literarischen Schreibens zieht Zack zu seiner Mutter zurück und möchte einen Enthüllungsroman über die wahren Geschehnisse von damals schreiben, als der Literatur-Rockstar Leo Stark plötzlich verschwunden ist und Zacks Freund Adrian unschuldig ins Gefängnis kam. Denn eine Leiche von Leo Stark wurde niemals gefunden. Und eigentlich hätte jeder ein Mordmotiv gehabt. Mitten in der Recherchearbeit taucht im Wald eine Leiche auf...

In diesem Buch geht es darum, was 1996/1997 wirklich geschehen ist, als sich vier Studierende vom Land in der Stadt trafen, um berühmte Schriftsteller zu werden. Zack, Adrian, Betty und Fredrik wollten alle vor der konservativen Ödniss ihres Heimatortes fliehen und bei der preisgekrönten Li Karpe studieren. Von Anfang an ist Adrian verknallt in die mysteriöse Dozentin. Diese macht die vier Freunde eines Abends mit Schwedens populärsten Autoren Leo Stark bekannt. Sein Charisma und seine Exzentrik ziehen die Studierenden sofort in seinen Bann. Vor allem Zack ist begeistert von diesem düsteren, unsympathischen Typ und setzt sich mit seinen Werken auseinander. Leo Stark hingegen hat ein Auge auf Betty geworfen, sie soll ihn mehrmals alleine besuchen kommen. Eines Tages sieht Fredrik, was Leo mit Betty anstellt, jedoch ist er ziemlich betrunken und erinnert sich nicht ganz. In einer Nacht ist Leo Stark schließlich verschwunden und Betty steht zunächst unter Mordverdacht. Doch es stellt sich heraus, dass Adrian der Schuldige ist. Dieser büßt für den Vorfall 8 Jahre lang im Gefängnis. Eine Leiche von Leo Stark wurde nie gefunden. Die Freunde gehen seitdem alle getrennte Wege.

Doch nun 2008 verliert Zack seinen Job bei der Zeitung, seine Freundin Casia beendet die Beziehung und Adrian ist frei. Zack braucht Geld, damit er nicht länger bei seiner Mutter leben muss. So beschließt er einen Roman über Adrians Unschuld zu schreiben. Eins führt zum anderen. Fredrik ist nun Verleger, er möchte den Roman nicht verlegen und keinerlei Tipps geben. Doch dann steht er eines Nacht verwirrt vor Zacks Tür, auch seine Frau habe mit ihm Schluss gemacht. Plötzlich wird im Wald eine alte Leich gefunden. Es ist Leo Stark. Wieso findet man ihn ausgerechnet jetzt? Und was ist damals wirklich geschehen? Nach und nach macht Zack alle Personen von früher ausfindig und beginnt das Erlebte zu verarbeiten.

Der Roman mit Krimianteilen spielt also auf zwei Zeitebenen, an die man sich schnell gewöhnt. Zu einem spielt die Geschichte im Jetzt, zum anderen wird das Studentenleben als Romanentwurf von Zack vorgestellt. Und weil wir alles aus Zacks Perspektive sehen, entstehen immer wieder Wissenslücken. Man zweifelt an Zacks Glaubwürdigkeit, aber nach und nach wird jeder zum Verdächtigen.

Der Erzählstil ist manchmal düster, vor allem wenn es ums Schreiben geht. Der Leser fiebert förmlich mit den Schreiberlingen mit, die daran verzweifeln den perfekten preisverdächtigen Text zu schreiben. Die Konkurrenz unter ihnen wird spürbar, jeder will der Beste sein, jeder möchte eine besondere Rolle in der Welt der Freunde und der Dozentin Li sowie dem Schriftsteller Leo Stark spielen. Wunderbar wird diese Zerrissenheit beschrieben. Diese Situation aus Euphorie, Übermut und totaler Schreibkrise. Es gibt viele philosophische Stellen zum Nachdenken über das Schreiben selbst. Und man kann sich richtig gut in die Situation der Studierenden hineinversetzen, die zum ersten Mal die große Welt sehen und sich vor Kritik fürchten.

Vor allem die Frauenfiguren sind sehr spannend geworden, später wird auch die Person um Fredrik immer interessanter.

Insgesamt hat mich das Buch sehr gut unterhalten. Mich haben vor allem die Stellen über den Studienbeginn und über das Schreiben an sich begeistert. Ich konnte richtig gut mitfiebern und bangen. Der Mordfall an sich war gar nicht so wichtig, aber am Ende sehr passend. Stellenweise hat es mich an phantastische Literatur a la ETA Hoffmann oder Edgar Allan Poe erinnert.