Rezension

Ungewöhnlicher Schauplatz

Totengebet
von Elisabeth Herrmann

Bewertet mit 3.5 Sternen

Joachim Vernau, Berliner Anwalt, wacht im Krankenhaus auf. Nach und nach kommt heraus, dass er einen jüdischen Antiquitätenhändler zusammengeschlagen haben soll. Das deckt sich aber nicht mit seiner Erinnerung – oder, zugegeben, dem, was noch davon übrig ist. Und immer wieder taucht das Gesicht einer jungen Frau auf, und ein Name – Rachel. Doch anscheinend hat er sich das nur eingebildet, denn diese hat sich in Luft aufgelöst. Doch dann führt die Spurensuche nach Israel, in einen Kibbuz, in dem Vernau in seiner Jugend gearbeitet hat. Was ist damals passiert? Was haben die Leute, die er damals Freunde nannte, getan? Und was hat Rachel damit zu tun – die zu dieser Zeit noch nichtmal geboren war?

Der fast schon langweilige Titel „Totengebet“ wartet mit unerwarteter Spannung auf. Die Geschichte wird, je länger sie spielt, immer verwinkelter – jeder hat jeden im Verdacht, keiner weiß, wem er vertrauen kann, alle scheinen mehr zu wissen, als sie sagen. Größtenteils spielt der Krimi in Israel, was an sich sehr spannend ist. Marie-Luise, Vernaus Anwaltskollegin, ermittelt parallel in Berlin. Dieser Schauplatzwechsel ist sehr angenehm, da die Autorin sich oft in langwierigen Beschreibungen von Orten und Geschehen verliert, was der Story leider etwas die Geschwindigkeit nimmt.

Joachim Vernau als Protagonist ist mir sympathisch – allerdings etwas zu heroisch. Während ich seine ironische, fast schon verbitterte Seite sehr mochte, fand ich es etwas übertrieben, wie er sich trotz Schmerzen und entgegen dem Rat der Ärzte immer wieder selbst aus dem Krankenhaus entlässt, nur um gleich wieder eingeliefert werden zu müssen. Rachel ist mir etwas zu selbstgefällig, nimmt sich zu ernst.

Fürmich der erste Krimi aus der Vernau-Reihe. Der letzte? Mal sehen. Die Jugendbücher von Elisabeth Herrmann haben mir einen Deut besser gefallen. Allerdings muss man hier zugute halten, dass man ohne Probleme in die Geschichte kommt auch ohne Vorwissen.