Rezension

Wenn blinde Herzen sehen lernen

Nur mit deinen Augen - Valerie Bielen

Nur mit deinen Augen
von Valerie Bielen

Bewertet mit 5 Sternen

~~Die 24-jährige Buchhändlerin Alice Breuer möchte eine Veränderung in ihrem Leben und kündigt kurzerhand ihren Job in Berlin, um für ein halbes Jahr als Au-Pair-Mädchen nach Italien ins malerische Venedig zu gehen. Ihre Mutter hat bis zu ihrem Tod so Venedig geschwärmt, deshalb möchte sie es jetzt mit eigenen Augen sehen. Mit ihrer Gastfamilie Scarpa hat Alice leider kein großes Los gezogen. Sie wird von ihnen regelrecht ausgenutzt und hat nur in den sehr späten Abend- und frühen Morgenstunden die Möglichkeit, die geheimnisvolle Lagunenstadt zu erkunden. Bei einem ihrer Ausflüge lernt sie den 30-jährigen Nachbarn Tobia Manin kennen, der ebenfalls erst seit kurzer Zeit in der Stadt ist und sehr zurückgezogen lebt. Einst war er ein aufstrebender kalifornischer Geschäftsmann, doch seit einem Schusswechsel ist der reiche Tobia blind und musste sich von seinen Träumen verabschieden. Alice ist von Tobia fasziniert und beginnt, langsam sein Vertrauen zu gewinnen. Dabei muss sie auch Rückschläge einstecken, denn Tobias Vertrauen in die Menschen ist durch seine Behinderung erschüttert. Doch Alice lässt nicht locker und schleicht sich auch langsam in Tobias Herz. Aber in nächster Nähe der beiden lauert jemand, der ihnen das Glück nicht gönnt und für sie eine Gefahr darstellt. Werden Tobia und Alice diese Schwierigkeiten meistern?

Valerie Bielen hat mit ihrem Buch „Nur mit deinen Augen“ ein wunderschönes Debüt vorgelegt, das vor malerischer Kulisse eine mitreißende Geschichte erzählt. Der Schreibstil ist herrlich flüssig zu lesen, dabei einfühlsam und nimmt den Leser als Begleitung von Alice mit ins zauberhafte Venedig. Auch die Erzählperspektive passt wunderbar dazu. Man lauscht Alice und ihren Gedanken. Alice‘ Streifzüge durch die Lagunenstadt sind so realistisch beschrieben, dass man im Kopf alles wunderbar vor sich sehen kann und das Gefühl hat, mit von der Partie zu sein. Die Charaktere sind liebevoll und authentisch skizziert und wachsen einem schnell ans Herz. Alice ist eine sehr sympathische und einfühlsame Person, die schon einige Schicksalsschläge einstecken musste und trotzdem nicht mit ihrem Leben hadert, sondern anpackt und unterstützt. Sie hat das Herz am rechten Fleck und interessiert sich für die Menschen selbst und nicht für ihren materiellen Background. Allerdings ist sie auch zu gutmütig und lässt sich deshalb schnell ausnutzen, ohne sich groß zu wehren. Tobia hatte ein reiches und erfülltes Leben, welches sich schlagartig mit dem Verlust seines Augenlichtes veränderte. Diese Veränderung hat Tobia noch immer nicht verkraftet, er ist zornig auf die Welt und hat das Vertrauen in die Menschen verloren und sich fast selbst aufgegeben. Er schottet sich vor allem und jedem ab und richtet sich in seiner Einsamkeit ein. Als er und Alice aufeinander treffen, treffen zwei einsame Seelen aufeinander, die sich viel zu sagen und zu geben haben. Erst langsam öffnen sie sich dem anderen, lernen voneinander wieder zu vertrauen, die Masken fallen zu lassen und das Leben willkommen zu heißen, um ihr Glück zu finden.

Valerie Bielen ist eine wunderschöne und gefühlvolle Liebesgeschichte vor der malerischen, mystischen Kulisse Venedigs gelungen, die auch einen kriminalistischen Teil beinhaltet. Ein herrliches Buch für zauberhafte Lesestunden. Absolute Leseempfehlung für ein sehr gelungenes Debüt.