Rezension

Alles ist anders als es scheint oder doch nicht?

Leons Erbe - Michael Theißen

Leons Erbe
von Michael Theißen

Bewertet mit 4 Sternen

Stell dir vor, du verlierst das, was dir am liebsten auf dieser Welt ist und auch sonst steht deine scheinbar heile Welt völlig Kopf. Genau das ist Katja passiert. Ihre Schwester Nicci verschwand von einem Tag auf den anderen ohne die geringste Spur zu hinterlassen und plötzlich, ein halbes Jahr später, stirbt ihr Sohn Leon bei einem Autounfall. Doch dieser Unfall ist mehr als mysteriös, denn Leon wurde auf einer Landstraße überfahren, Nachts und er war ganz allein. Vom Fahrer des Wagens fehlt jede Spur und alle tappen im Dunklen. Was machte Leon allein dort draußen? Wo ist der Fahrer geblieben? Hat das ganze vielleicht sogar etwas mit Niccis Verschwinden zu tun? Während Katjas Mann Markus sogar einen Privatdetektiv engagiert, verzweifelt Katja, bis sie plötzlich einen Anruf von einem Notar erhält. Dieser behauptet er hätte Informationen über Leon, doch woher sollte dieser Mann ihren Sohn kennen? Katja beginnt zu forschen und sie stößt auf Dinge, die weit schlimmer sind, als sie je gedacht hatte und so langsam wird klar, dass nichts und niemand das ist, was es oder er scheint. Meine Meinung:
Das Buch beginnt kurz nach Leons Beerdigung und somit gleich mitten im Geschehen. Der Schreibstil des Autors ist sehr flüssig und mit kurzen Sätzen gehalten, ebenso kurz sind auch die Kapitel, die oft mit einem kleinen Cliffhanger für den Leser enden. Ich persönlich habe das eBook an einem Abend inhaliert. Die Sprache bleibt einfach und gut verständlich und bis auf ein paar Kleinigkeiten mitreißend, so dass das Buch auch wirklich schnell endet. Die Spannung bleibt im kompletten Buch aufrecht, da hier ein Ereignis dem nächsten folgt und man einfach dran bleiben muss, um zu erfahren, was da passiert. Ansonsten gab es immer wieder Irrwege und Wendungen, die ich nicht unbedingt voraus sehen konnte, die mich stellenweise sehr überraschen konnten und den Adrenalinspiegel immer wieder steigen ließen. Mein einziger Kritikpunkt: ein paar der Auflösungen kommen zu einfach und zu schnell, wie z. B. auch der Schluss, der zwar schlüssig ist, aber zu schnell  bzw. zu einfach daher kam. Da hätte ich mir einfach noch ein paar mehr Rätsel gewünscht, denn der Autor ist durchaus geschickt in Fährten legen.  Erzählt wird das Ganze aus der Sicht Katjas, die Mutter des Jungen und Schwester der verschwundenen Nicci. Durch diese Perspektive bekommt die ganze Geschichte noch einmal einen sehr glaubhaften Ton. Ich persönlich, als Mutter zwar zweier kleinerer Kinder, aber halt als Mutter, konnte mit Katja extrem gut mitfühlen. Sie hat mich sehr berührt und ich konnte ihr Leid regelrecht am eigenen Körper spüren, dementsprechend gut kann ich auch ihre Handlungen nachvollziehen. Das sie selbst sich hier in die Nachforschungen stürzt, hält sie einfach aufrecht und es gibt für sie einen Grund weiter zu machen und nicht selbst in endloser Trauer zu versinken.  Katja ist hier auch mit Abstand der Charakter, über den ich am meisten erfahren habe und ich war stellenweise, genau wie sie, völlig überrascht von dem, was da um sie herum passiert ist. Denn die Nebencharaktere bleiben eher blass und verwaschen und man erfährt immer nur die Stücke, die auch Katja so nach und nach enthüllt. Dadurch bekommt allerdings auch Katjas Leben, wie es vor dem furchtbaren Unfall war, einen völlig anderen Charakter, denn man kann genau wie sie selber, dadurch besser erspüren, auf wie vielen Lügen ihr Leben aufgebaut ist.
Mein Fazit:
Ein durchaus glaubhafter und solider Thriller, der Hoffnung auf mehr aus der Feder des Autors macht. Mit einem spannenden und nachvollziehbaren Plot und immer wieder neuen Ereignissen, die ich auf keinen Fall vorausahnen konnte, fesselt das Buch an seine Seite und wird zu einem Pageturner. Die Protagonistin verhält sich glaubwürdig und nachvollziehbar und ließ mich an ihrem eigenen Leid teilhaben und mitfühlen. Meine Kritik habe ich ja bereits genannt, also einfach den Leser noch mehr in seine durchaus geschickten Wendungen versinken und miträtseln lassen und nicht zu schnell Lösungen vorgeben, hätte mir noch einen Tick besser gefallen. Es gibt gute vier von fünf Sternen und eine Leseempfehlung an alle die, die gerne Thriller mit vielen Wendungen lesen.