Rezension

Dem Horizont so nah

Dem Horizont so nah - Jessica Koch

Dem Horizont so nah
von Jessica Koch

Ich war wirklich sehr gespannt, als ich endlich die Zeit gefunden habe, mich diesem Titel zu widmen und sofort in den ersten Zeilen zu versinken. Das Versprechen – nennen wir es jetzt Mal so – das einem damit gegeben wird, dass nicht nur ein Tabuthema zur Sprache kommt, hat mich schon während unserem netten Mailverkehr wahnsinnig neugierig gemacht. Dass die Kapitel richtiggehend datiert sind und von einem 23. Oktober 1999 bis zum Sommer 2015 gehen, der dann in einem Epilog mündet, zeigt schon, dass es hier um eine etwas längere Geschichte geht, die damit erzählt wird. Dass es eine wahre Geschichte ist, die hier erzählt wird, ist mir dann erst später bewusst geworden und hat mir gezeigt, dass es einmal mehr die wahren Geschichten sind, die einen so fesseln, zur Verzweiflung bringen und dann ruhelos zurücklassen.

Die Handlung – oder eher das Geschehene – geht einem so nahe, dass man dieses Buch zwischendurch fast aus den Händen legen muss, weil es so sehr in Mark und Bein geht. Jemanden an so einem Teil seines Lebens teilhaben zu lassen, der so mächtig und prägend für das ganze weitere Leben ist, bezeichne ich als mutig.

Grundsätzlich muss ich sagen, dass dies ein Titel ist, den man gelesen haben muss, ohne vorher wirklich zu wissen, was man hier gerade vor sich hat. Man muss unvorbereitet sein. Um den Schmerz, die Trauer, die Wut, die Liebe und all diese starken Emotionen, die einen das Buch durchleben lässt, wirklich auskosten zu können. Daher begrenze ich mich in meinem Review auf das Buch an sich, nicht die Handlung.

Der Schreibstil ist offen und ehrlich nicht unbedingt einer, der einen vom Hocker reißt. Es ist kein Stephen King, den man hier liest. Muss es auch nicht sein. Denn Geschichten, die das Leben schreibt, sind schon überzeugend genug, ohne dass man groß mit Worten hantieren müsste. Was nicht bedeutet, dass kaum eine Spannung zustande kommt. Einfach dieses Unglaubliche, diese verzwickte Kette an Ereignissen lässt den Leser durchaus manchmal zweifeln, ob man noch immer ein autobiografisches Werk, oder doch das Ergebnis eines genialen Kopfes liest. Und ich komme mir schrecklich vor, das so zu schreiben. Denn, was der Autorin widerfahren ist, wünscht man niemandem. Selbst mit diesem Ausgang, der einen dann doch kurz aufatmen lässt. Aber andererseits sind es ja diese Geschehnisse, die das Leben dazu gemacht haben, was es heute ist. Ohne diese hätte man am Ende ganz andere Entscheidungen getroffen. Wäre heute vielleicht nicht mehr so glücklich, wie man es ist.

Es ist auf eine grausame Art und Weise faszinierend, gleichsam aber treibt es einen beinahe ununterbrochen die Tränen in die Augen.