Rezension

Die zweite Generation

Der Weg der Teehändlerin -

Der Weg der Teehändlerin
von Susanne Popp

Bewertet mit 4.5 Sternen

Wir schreiben das Jahr 1853 und die Kinder von Friederike und dem inzwischen verstorbenen Tobias Ronnefeldt, Gründer des Teehandels, sind erwachsen. Friederike als Inhaberin schlägt sich mit ihrem konservativen Geschäftsführer herum, der ihre Ideen ablehnt und sehnt sich danach, das Unternehmen in die Hände ihrer KInder zu legen und ihre Töchter gut zu verheiraten. Doch diese haben ihren eigenen Kopf: Carl genießt das Leben in Hamburg, wo er seine Ausbildung fortsetzt, Elise möchte lieber Lehrerin werden anstatt zu heiraten, Wilhelm entdeckt sein künstlerisches Talent und Minchen verlobt sich heimlich mit einem Schauspieler....

Mit "Der Weg der Teehändlerin" legt die Biografin und Autorin Susanne Popp den zweiten Band ihrer Saga um das bekannte Teehaus Ronnefeldt vor, zu dem sie wieder hervorragend recherchiert hat. Nach Auswertung vieler Briefe aus dem Besitz der Familie Ronnefeldt und weiteren zeitgeschichtlichen Dokumenten ergänzt sie die Geschichte mit fiktiven Personen und spinnt einen fesselnden Roman. Dabei lässt das Personenverzeichnis zu Anfang des Buches erkennen, welche der Charaktere tatsächlich existiert haben und welche der Fantasie der Autorin entspringen.

Alle Figuren sind liebevoll gezeichnet, authentisch und lassen durch ihr Handeln ein Sittengemälde des ausklingenden 19. Jahrhunderts vor den Augen der Leser entstehen. Insbesondere die Rolle der Frau ist der Autorin dabei wichtig - und so sind die starke Friederike Ronnefeldt, die weiterhin ihren Mann stehen muss und die ich im ersten Teil bereits ins Herz geschlossen habe, und ihre Tochter Elise, die lieber einen Beruf ergreifen möchte denn einen für sie ausgesuchten Mann heiraten, die Kernfiguren, die sich vor rund 170 Jahren den gar nicht emanzipierten Ansichten der Männerwelt unterwerfen mussten. Damit konnte ich beim Lesen so manches Mal ein Stoßgebet zum HImmel schicken, als Frau in der heutigen Zeit leben zu dürfen! 

Ein jedes der vier Ronnefeldt-Kinder hat seine eigenen Wünsche und Ziele, und so vermag Susanne Popp uns Leser*Innen ein buntes Geschichtsbild  zu vorzuführen. In vielen Details ist lebendiges Geschichtswissen verborgen; so erfahren wir etwas über die Lehrerinnen-Ausbildung der damaligen Zeit, die Panoramen-Malerei von Enslen, den Höhepunkt der Auswanderungswelle nach Amerika, die Badische Revolution und vieles mehr.

Nicht zuletzt ist natürlich der Tee ein Thema, über das es eine Menge zu erfahren gibt, sowie die Schwierigkeiten bei Import und Handel mit ihm, was mir als passionierter Teetrinkerin selbstredend besonders gefällt.

Das Setting liegt in Frankfurt am Main, dem Stammsitz des Hauses Ronnefeldt und wir erfahren einiges über diese Stadt; aber auch das quirlige und gefährliche Hamburg mit seinem Überseehafen und buntem Volk spielt eine größere Rolle.

Die Schreibweise ist leicht und flüssig, die Handlung fesselnd und die kleinen und größeren Dramen passen perfekt in die Zeit, so dass das Buch ein echter Pageturner ist. Am Ende finden alle losen Fäden eine Verbindung und das letzte Kapitel gibt bereits einen kurzen Ausblick auf den im Frühjahr 2023 erwarteten abschließenden Band der Trilogie.

Ich vergebe 4,5 Sterne (da mir der erste Band - den man definitv kennen sollte, da die Geschicke der Familie Ronnefeldt nun weitergeführt werden und es einige Entwicklungen und Anspielungen auf Vergangenes gibt, aber nicht gelesen haben muss - eine kleine Spur besser gefallen hat) und eine klare Leseempfehlung!