Rezension

Ein außergewöhnlich schöner Roman...

Das Institut der letzten Wünsche - Antonia Michaelis

Das Institut der letzten Wünsche
von Antonia Michaelis

Bewertet mit 4 Sternen

Mathilda, Mitte 20 und etwas verträumt, arbeitet für das "Institut der letzten Wünsche". Gemeinsam mit Kollegin und Gründerin Ingeborg, einer ehemaligen Oberärztin, organisiert und erfüllt sie die letzten Wünsche sterbender Menschen.

Noch einmal Baden in der Spree, noch ein letztes Weihnachten mitten im Sommer, ein Besuch im Freizeitpark den es längst nicht mehr gibt, für Mathilda kein Problem, auch wenn man bei manchen Wünschen vielleicht ein bisschen Tricksen muss. Sie behält stets einen klaren Kopf und löst noch so schwere Wünsche souverän, doch das ändert sich, als Birger Raavenstein zum ersten Mal das Institut betritt. Sein letzter Wunsch: Er möchte seine große Liebe Doreen wiederfinden, die vor 15 Jahren spurlos verschwand. Schwanger mit seinem Kind.

Mathilda nimmt sich dem Wunsch des sterbenden Mannes an, jedoch nur halbherzig, denn sie ist dabei, eine der beiden wichtigsten Regeln des Instituts zu brechen: Verliebe dich niemals in einen Kunden....

Meinung:

Das verspielte Cover mit seinen romantischen Farben zog direkt meine Aufmerksamkeit auf sich. Der Klappentext tat sein Übriges. Das Buch musste gelesen werden, denn ich habe eine absolute Schwäche für romantische, melancholische Geschichten, die auch schon mal von der Norm abweichen und durch neue Ideen aus der Masse hervorstechen.

Antonia Michaelis beginnt die Geschichte in leichtem Ton mit einem Pony in der S-Bahn, was mich sehr erheitert hat und dafür sorgte, das man direkt mitten in Mathildas Leben angekommen ist.

Leider bleibt es nicht lange so. Ziemlich schnell wird der Ton ernster und die Autorin beschreibt mit schönen Worten nicht nur Mathildas Leben, ihre Aufgaben, die Beziehungen zu ihren Mitmenschen, sondern auch die letzten Wünsche der Kunden des Instituts. Manchmal mit durchaus poetischer Anmut und Warmherzigkeit, manchmal aber für meinen Geschmack ein bisschen zu schleppend und zu frei von Emotionen, zu oberflächlich für die doch recht ernsten Themen wie Tod oder Sterbehilfe, die hier eine große Rolle spielen.

Die im Klappentext angedeutete Liebesgeschichte zwischen Birger und Mathilda entwickelt sich anders als ich dachte und rückt für mich eigentlich schon beinahe ein bisschen in den Hintergrund, denn in dieser Geschichte geht es um so viel mehr.

Die Idee mit dem Wunsch-Institut fand ich wunderschön und auch wenn ich nicht immer mit der Umsetzung manch eines Wunsches einverstanden war, weil Ingeborg und Mathilda hin und wieder einfach auf Tricks zurückgreifen ( müssen ) und ihre Kunden quasi blenden ( Schnee im Frühsommer ), so hat mir doch der Grundgedanke, nämlich der, einem sterbenden Menschen noch ein schönes Ereignis zu bescheren, bevor er diese Erde verlässt, sehr gefallen. Die meisten Sterbenden liegen einsam, an Maschinen angeschlossen in einem kahlen Raum und warten auf den Tod, ist das nicht furchtbar ? Wie viel schöner wäre es noch einmal etwas zu erleben und danach friedlich einschlafen zu können.

Genau das war auch Ingeborgs Gedanke und ihr Antrieb, das Institut zu gründen.

In Mathilda hat sie die richtige Mitarbeiterin gefunden, denn Mathilda hat ihr Herz am rechten Fleck, erscheint völlig unbedarft, ist einfühlsam auf ihre Art, aber sie ist auch unglaublich seltsam. Und genau deshalb mochte ich sie von der ersten Seite an. Ihre Eigenarten machen sie zu einer ganz besonderen Protagonistin. Sie ist bezaubernd, witzig und einfach liebenswert. Sie spricht mit sich selbst und auch mit ihrem Hund Eddie, den sie eher wie einen Menschen behandelt, sie trägt Erinnerungen aus ihrer Kindheit in Form von aufgenähten Stoffresten auf ihrer Kleidung, sie sieht gerne den Tatort, allerdings auf türkisch mit russischem Untertitel, damit sie nichts versteht und sich voll und ganz auf ihre eigenen Gedanken konzentrieren kann. Sie lebt in ihrer eigenen kleinen Seifenblase und geht mit einer rosaroten Brille durchs Leben. Man muss sie einfach gern haben, es geht gar nicht anders. Natürlich hat sie auch ihre Fehler, aber die hat nun einmal jeder Mensch. 

Antonia Michaelis schafft eine Vielzahl von wunderbaren, etwas speziellen und schlicht entzückenden Charakteren, die die Geschichte zu etwas ganz Besonderem machen. Da ist die robuste Ingeborg, sie ist für Mathilda wie eine Mentorin, eine gute Freundin und auch irgendwie ein Anker. Herr Mirusch, der ins Institut kommt um seinen letzten Wunsch erfüllt zu bekommen und der dann irgendwie bleibt und ein Teil des Instituts wird, ebenso Frau Kovalska, deren letzter Wunsch es ist noch einmal Maria Callas singen zu hören, die ja, wie wir alle wissen, seit Jahren nicht mehr unter den Lebenden weilt. Sie sind allesamt etwas ganz Außergewöhnliches.

Ein Charakter zu dem ich wenig Bezug finde ist Birger. Ich weiß nicht woran es lag, aber ich konnte keine Verbindung zu ihm aufbauen.

Das Ende der Geschichte ist stimmig und hält einige wichtige Botschaften für den Leser bereit, was dafür sorgt das der Roman im Gedächtnis haften bleibt und man über gewisse Dinge etwas eingehender nachdenkt.

Fazit:

"Das Institut der letzten Wünsche" besticht durch ganz außergewöhnlich gezeichnete Charaktere und eine eindrucksvolle Grundidee, die für meinen Geschmack aber nicht immer gefühlsbetont genug umgesetzt wurde.