Rezension

Ein ernstes Thema, mit viel Leichtigkeit und Wärme erzählt

Das Institut der letzten Wünsche - Antonia Michaelis

Das Institut der letzten Wünsche
von Antonia Michaelis

Bewertet mit 4 Sternen

"Ich bin fünfundzwanzig, und der Tod ist so viel älter und so viel erfahrener in dem, was er tut. Es ist wirklich schwer, täglich mit ihm zusammenzuarbeiten." S. 241

Klappentext

Die verträumte Mathilda arbeitet für eine Organisation, die sterbenden Menschen ihre letzten Wünsche erfüllt. Ein letztes Mal Schneeflocken spüren mitten im Hochsommer, Maria Callas live erleben oder in einem stillgelegten Vergnügungspark Riesenrad fahren – alles kein Problem, kleine Tricks inbegriffen. Das ändert sich, als Mathilda Birger begegnet. Er wünscht sich, vor seinem Tod noch einmal seine frühere Freundin Doreen und ihr gemeinsames Kind wiederzusehen. Mathilda soll sie für ihn suchen – nur will sie Doreen eigentlich gar nicht finden, denn sie hat sich auf den ersten Blick in Birger verliebt.

Meine Meinung

Nach dem Klappentext wäre es eigentlich kein Buch, das ich zur Hand genommen hätte; auch das Cover in diesen zwar schönen, aber romantisch kitschig wirkenden Farben wäre jetzt nicht meine erste Wahl gewesen. Aber da ich von Antonia Michaelis schon einige Bücher gelesen habe, die mich trotz einem ernsten Thema beeindruckt haben, wollte ich mir ihr neues natürlich nicht entgehen lassen.

Zu Beginn wird man direkt in Mathildas Leben geschmissen. Alles wirkt sehr locker und blumig, als sähe man die Welt durch eine rosarote Brille, doch wie so oft täuscht auch hier der erste Eindruck. Sterbenden Menschen zu ihrem letzten Wunsch zu verhelfen hört sich natürlich sehr erfüllend an, doch ist es auch eine Gratwanderung, die man aushalten muss. Immer wieder tauchen tiefsinnige Themen auf, wie man ältere Menschen behandelt, welchen Willen man den todkranken Patienten lassen darf und ob Sterbehilfe nicht einfach nur menschlich ist.
Diese Fragen werden an manchen Stellen sehr berührend angeschnitten, meist aber mit einer sorglosen Leichtigkeit - hier hätte ich mir manchmal etwas mehr Nähe gewünscht, dann hätte es mich noch mehr innerlich berührt. Trotzdem hatte ich manchmal Tränen in den Augen oder ein Lächeln um die Lippen; manchmal auch beides.

Die Figuren sind sehr gut charakterisiert, obwohl man nicht immer alles von Anfang an durchschaut und im Laufe der Handlung einige Überraschungen warten.
Die 25jährige Mathilda hat kurz vor dem Abschluss ihr Medizinstudium hingeschmissen und arbeitet jetzt zusammen mit Ingeborg, die 20 Jahre als Oberärztin gearbeitet hat, im Institut. Die beiden wirken sehr greifbar und echt und man spürt, das es hinter ihrer Fassade noch einiges zu entdecken gibt. Ihre Arbeit machen sie aus unterschiedlichen Gründen, legen sich dabei aber sehr ins Zeug und wollen einfach nur noch einmal den Glanz in die Augen derer zaubern, die unsere Welt bald verlassen müssen. Aber auch die älteren Damen und Herren sind total liebenswert in ihrer Art und es fällt beim Lesen schon schwer, von ihnen Abschied zu nehmen.
Es ist niemals leicht, loszulassen, doch umso einfacher ist es, anderen in ihren letzten Tagen und Wochen nochmal eine Freude zu machen: indem man ihnen zuhört, indem man sie ernst nimmt und sie selbst entscheiden lässt, was sie mit ihrer restlichen Zeit anfangen wollen. Umso schlimmer, wenn sowas dann an Paragraphen und Vorschriften scheitert.

Auch Birger hat einen letzten Wunsch - und schon als er auftaucht merkt Mathilda, dass er anders ist, als alle anderen. Die ungewöhnliche Beziehung, die sich zwischen den beiden entwickelt, stand nicht immer im Fokus und es gab zwischendurch ein paar kleine Längen. Ab der Hälfte wandelt sich dann plötzlich alles in eine ganz andere Richtung und es gibt einige Überraschungen. Manche davon konnte man ahnen, andere wiederum haben mich verblüfft. Einige logische Hintergründe waren für mich nicht nachvollziehbar, für den Verlauf aber auch nicht so wichtig. Schön war der unbefangene Umgang, indem heikle Situationen mit einem Augenzwinkern aufgelockert wurden - im Leben darf der Humor einfach nicht fehlen ;)

Gegen Ende gab es auch spannende Momente und der Schluss war ein sehr stimmiger Ausklang.

Fazit

Trotz ungewohntem Genre hat mir das Buch gut gefallen. Ich hatte es etwas ergreifender erwartet, aber es war eine interessante Mischung aus rosaroter Leichtigkeit und einem subtilen Ernst, der mich doch berührt hat. Eine schöne Geschichte über ein schwieriges Thema!

© Aleshanee
Weltenwanderer