Rezension

Eskalierende Pläne - 7. Fall des Sonderdezernats Q

Selfies
von Jussi Adler-Olsen

Bewertet mit 4 Sternen

Kommissar Carl Mørk und sein Assistent Assad ermitteln weiter an Fällen, die vor Jahren von den Kollegen der Mordkommission, jenseits des Kellerbüros, nicht abschließend aufgeklärt werden konnten. Dabei entdeckt Carl Mørk Verbindungen zu einem aktuellen Fall, der durch zahlreiche Verstrickungen die Ermittlungen erschwert und intern zu einem erneuten Konkurrenzkampf unter den Kollegen führt und eskaliert.

Zeitgleich erkrankt die psychisch angeschlagene Assistentin Rose, die an den düsteren Erinnerungen ihrer Vergangenheit seelisch zu zerbrechen droht. Als Carl und seine Kollegen das ganze Ausmaß überschauen, wird Ihnen bewusst, wie sehr sie ihre Kollegin schätzen, doch diese Erkenntnis kommt fast zu spät, denn Rose will ihrem Leben ein Ende setzten.

Parallel erhält Sozialarbeiterin Anneli eine fatale Diagnose und wiedersetzt sich den bürokratischen Mühlen des Sozialsystems. Die ihr anvertrauten jungen Frauen Michelle, Jasmin und Denise kann sie auf Grund ihrer Schickimicki-Verhaltensweisen und Lebenseinstellungen einfach nicht mehr ertragen. Sie will ausbrechen aus dem System und plant ein Verbrechen nach dem anderen

Der Autor:

Jussi Adler-Olsen wurde am 2. August 1950 unter dem bürgerlichen Namen Carl Valdemar Jussi Henry Adler-Olsen in Kopenhagen geboren. Er studierte Medizin, Soziologie, Politische Geschichte und Film. Bevor er 1995 mit dem Schreiben begann, arbeitete er in verschiedensten Berufen: als Redakteur für Magazine und Comics, als Koordinator der dänischen Friedensbewegung, war Verlagschef im Bonnier-Wochenblatt TV Guiden und Aufsichtsratsvorsitzender bei verschiedenen Energiekonzernen. Sein Hobby: Das Renovieren alter Häuser. Er ist verheiratet und Vater eines Sohnes. (Quelle: dtv Verlag)

Reflektionen:

Jussi Adler Olsen braucht für mich einfach nur schreiben, ich akzeptiere Längen, unlogische Zusammenhänge, Offengelassenes und weithergeholte Ermittlungsmethoden. Ich bin diesem Autor einfach verfallen, denn er versteht sein Handwerk und er erreicht mich damit immer wieder aufs Neue.

Butterweich, klar und deutlich ist sein Schreibstil. Sein Ausdruck ist nüchtern und ehrlich, manchmal salopp. Er schreibt scheinbar mühelos mehr als 500 Seiten starke Thriller und am Ende fließen alle Perspektiven und Erzählstränge ineinander und kreieren eine äußerst harmonisch kompakt gezeichnete Geschichte, die mit einigen Blutstropfen einhergeht.

Zugegebenermaßen gelingt Jussi Adler Olsen der Spannungsaufbau in diesem 7. Teil des Sonderdezernats Q nicht zuverlässig. Die Spannungskurve reißt immer mal wieder ab und es kommt zu Längen, aber wenn man das akzeptiert hat und seine verwöhnten Erwartungen an diesen Thriller etwas zurückgeschraubt hat, dann liest man einen wirklich guten Thriller.

Besonders gelungen sind Jussi Adler Olsen die Querverbindungen und die Verstrickungen der Figuren. Erst sehr spät erkennt man als Leser, welche Figuren mit welchem Verbrechen in Einklang und Zusammenhang zu bringen sind und der Weg dorthin produziert Lesespaß, da man selbst im Ermittlungsfieber ist.

Die Figuren, allen voran Carl Mørk und Assad, sind außergewöhnliche und interessante Charaktere, doch in diesem 7. Fall hätte ich mir noch mehr von den gewohnt erfrischenden Anekdoten gewünscht, die insbesondere die Figur Assads so lebendig macht.

Assistentin Rose übernimmt in diesem Thriller eine tragende Rolle. Psychisch stark angeschlagen und gewollt abgekapselt von ihrem Umfeld, zeichnet Jussi Adler Olsen eine Figur, die sehr emotional unterhält. Nicht alle psychologischen Verhaltensweisen sind nachvollziehbar und authentisch dargestellt, aber sie erzeugt eine große Empathie. Wie die Kollegen plötzlich um ihre Kollegin Rose kämpfen berührt sehr, niemals hätte ich Carl und Assad die Fähigkeit zugesprochen, so große Emotionalitäten empfinden zu können.

Sozialarbeiterin Anneli, ebenso ein großer Charakter, der aber nur zunächst überzeugt. Sie ist es leid Sozialschmarotzer zu betreuen, sie will sich gegen die bürokratischen Richtlinien im Sozialamt aufbäumen und nach dem sie eine fatale Diagnose gestellt bekommen hat, sind ihr alle möglichen Konsequenzen gleichgültig.

Den Part, wie sich Anneli selbst hochschaukelt, während sie drei junge Frauen betreut fand ich richtig gut und authentisch. Die drei legen nur Wert auf ihr Äußeres, wollen nicht arbeiten und sind nicht bereit sich in die Gesellschaft zu integrieren. Eine der jungen Frauen geht dabei so weit, dass sie sich schwängern lässt, die Babys nach der Geburt zur Adoption frei gibt, um Jobvorschläge ablehnen zu können und Sozialhilfe zu erhalten. All das ist gut inszeniert, doch als dann die Nerven bei Anneli blank liegen, überspitzt die Story recht maßlos. Ein Weniger wäre in diesem Zusammenhang ein bereicherndes Mehr gewesen.

Trotz meiner kritischen Anmerkungen hat mich Selfies gut und spannend unterhalten. Jussi Adler Olsens Schreibstil liegt mir sehr, sodass ich sehr zügig durch die Seiten gelesen habe, auch wenn er seine Erzählkunst diesmal nicht voll ausgeschöpft hat.

Fazit und Bewertung:

Selfies, der 7. Fall des Sonderdezernats Q, ist erneut ein spannender Thriller Jussi Adler Olsens, doch dieses Mal überzeugt er nicht auf ganzer Linie. Vielleicht lag es an meiner etwas überschätzten Erwartungshaltung, aber trotzdem habe ich diesen Thriller wieder einmal sehr gern gelesen.