Rezension

Ganz schön langweilig...

Schöne Seelen
von Philipp Tingler

Bewertet mit 2 Sternen

INHALT
Der Züricher Bohemien und Gelegenheitsschriftsteller Oskar Canow verkehrt in den besten Kreisen der Schweizerischen Gesellschaft. Er sieht das ganze Bohei um die oberen Zehntausend sehr kritisch und kann sich manch sarkastische Bemerkung über Schönheits-OPs, falsche Zähne und weiße Hollywoodzähne bei passender Gelegenheit nicht verkneifen. Als ihm sein alter Jugendfreund Viktor bittet, anstatt seiner eine Therapie zu machen, willigt er nach anfänglichen Bedenken ein, weil ihm gerade eine Schreibblockade plagt. Mit Dr. Hockstädter wälzt er nun Viktors Eheprobleme und liefert sich dabei das ein oder andere Philosophieduell.

MEINUNG
Ich kannte den Berliner Autor Philipp Tingler vor der Lektüre des Romans nicht und habe mich durch die vielversprechende, beißend ironische Leseprobe ködern lassen. Wenn man auf sprachliche Brillanz steht und dafür beim Plot Abstriche in Kauf nimmt, dann kann dieses Buch durchaus unterhaltsam sein, aber nur dann...
Ich mag es, wie Tingler in jeder Zeile die oberflächliche, von Statussymbolen bestimmte Highsociety auseinander nimmt. Er scheut sich nicht Dinge beim Namen zu nennen und lebensphilosophische Fragen zu stellen. Besonders Tinglers exzellenter Sprachstil hat mir gefallen, wohingegen ich mit der lahmen, vor sich hin wabernden Handlung meine Probleme hatte. Oskars Therapie nimmt fast das gesamte Buch ein und langweilt mit jeder neuen Sitzung mehr. Irgendwie kommt er nicht voran bzw. Viktor scheint sich durch Oskars Tipps nicht zu bessern. Als Leser fragt man sich: Ist es das inhaltlich schon gewesen? Hierbei muss ich Tingler zugute halten, dass er sein Ding durchzieht und bis zum Schluss an der unaufgeregten Story festhält; was vielleicht zeigen soll, wie leer und gesichtslos sich diese nur auf Äußerlichkeiten und Erfolg getrimmte Gesellschaftsgruppe darstellt. Es geht um den schönen Schein und das nichtssagende Geschwätz und natürlich um emotionale Kälte, weil Besitz und Reichtum abstumpfen lässt. Dahingehend wirkt der ambivalente Buchtitel "Schöne Seelen" sehr passend. Wäre der Plot nicht so redundant und damit einschläfernd gewesen, hätte ich vielleicht nicht so viele Anläufe gebraucht dieses Buch bis zum Schluss zu lesen. Einige Stellen konnte ich nur überfliegen bzw. ich musste einfach weiterblättern, sonst säße ich heute noch an der Lektüre - schade.

FAZIT
Nach 20 Seiten kennt man bereits alles und will gar nicht weiterlesen. Ermüdende Lektüre, die einzig mit ihrem Sprachwitz und den z.T. bitterbösen Demaskierungen der ach so feinen Gesellschaft punkten kann. Leider nur bedingt empfehlbar.