Rezension

Durchwachsen: Schöne Seelen

Schöne Seelen
von Philipp Tingler

Bewertet mit 3.5 Sternen

Für geduldige Leser mit soliden Grundkenntnissen in einfacher englischer Konversation und einem Faible für dunkelgrauen Humor geeignet.

Philipp Tingler zeigt sich als guter Beobachter und überzeichnender Karikaturist, er hält in dieser zum Schmunzeln anregenden, flott geschriebenen und leicht lesbaren Gesellschaftsstudie bitterböse den vom Schicksal Verwöhnten und trotzdem niemals Befriedigung findenden "VIPS" einen Spiegel vor.    Rahmenhandlung ist die etwas oberflächliche Geschichte um Millvina Van Runkle, eine der Ikonen der Schweizer High Society, die nach einer ihrer zahlreichen schönheitschirurgischen Behandlungen im Sterben liegt, vorher aber noch ein schockierendes Geheimnis weitergibt. Tolles Kopfkino entstand bei der Beerdigung, als eine Dame ihrer "Freundin" das zweifelhafte Kompliment über die gut gelungene korrigierte Kinnpartie macht und hinzufügt, dass sie sie an die Figuren der Osterinseln erinnere. Gesteigert wird das Ganze, als ein Freund einen anderen bittet, doch für ihn zu einer Psychologischen Behandlung zu gehen, da er selbst diese von seinem holden Eheweib aufgebrummt bekommen und weder Zeit noch Lust dazu habe, der andere jedoch dort gewiss einige seiner literarischen Karriere höchst zuträgliche Charakterstudien betreiben und gleichzeitig einen Freundschaftsdienst erweisen könne. Manches geriet mir allerdings zu ausführlich und ich hielt  auch die vielen Einschübe in englischer Sprache für verzichtbar.