Rezension

Ladykillers

Praterglück - Berndt Anwander, Thomas Askan Vierich

Praterglück
von Berndt Anwander Thomas A. Vierich

Bewertet mit 3 Sternen

Wer so eine Familie hat, braucht wirklich keine Feinde. Die Halbbrüder Balthasar und Paul sind sich von ganzem Herzen zuwider. Dennoch betreiben sie gemeinsam, vorsichtshalber in Gegenschicht, den Imbissstand „Praterglück“ im schönen Wien. Kommuniziert wird nur schriftlich. Auf Kassenbelegen, Quittungen oder per Mail verspritzen sie ihr gedankliches Gift aufeinander. Beide schenken sich verbal wirklich nichts, Anmaßung, Bosheit, Feindseligkeit und üble Beschimpfungen am laufenden Band. Völlig ungehemmt geben sie sich ihren selbstgerechten Gedanken und Ansichten hin und verleihen diesen mit vulgärem Vokabular Aus- und Nachdruck. Doch es gibt da jemanden in ihrer Familie, die sie noch mehr hassen als einander – Tante Herta. Ihr gehört der Imbiss, den die Brüder unterhalten. Fünfzig Prozent des Umsatzes müssen sie an das unliebsame Tantchen abgeben. So kann das nicht weiter gehen. Die ahnungslose Herta gerät so mehr und mehr in den Fokus von Balthasars und Pauls niederträchtigen Machenschaften. Der Feind meines Feindes ist mein Freund. In trauter Feindschaft vereint, planen sie, ihre Tante aus dem Weg zu räumen. Doch die alte Dame ist beileibe nicht so einfach um die Ecke zu bringen.

Inmitten ihrer Schuldzuweisungen und Unterstellungen erfährt man, wie sie ihr bisheriges Leben verbracht haben und kann so einigermaßen nachvollziehen, weshalb sie sich so sehr verachten. Grotesk von der ersten Zeile an, aber lange ist kaum etwas von Kriminalistik zu verspüren. Interbrüderliche Tiraden werden mitunter zu ausführlich beleuchtet, hingegen die Bemühungen bezüglich des hoffentlich baldigen Ablebens ihrer Gönnerin kommen mitunter etwas zu kurz. Der Leser traut seinen Augen kaum. So ein Umgang miteinander ist selten und daher sehr gewöhnungsbedürftig. Der Leser schmunzelt bisweilen, ist aber nicht wirklich amüsiert. Die wenigsten Widersacher werden sich solche ausführlichen Mitteilungen zukommen lassen, wie diese beiden es tun. Manche Beleidigungen sind grenzwertig und dieses Bloße Ablassen bestimmt nicht Jedermanns Sache. In jedem Falle bereichert die Lektüre den Schimpfwortschatz.