Rezension

Grotesker Zank in der Würstelbude

Praterglück - Berndt Anwander, Thomas Askan Vierich

Praterglück
von Berndt Anwander Thomas A. Vierich

Bewertet mit 3 Sternen

★★★

Paul und Balthasar sind Halbbrüder. Der eine – Paul – stammt aus Berlin und ist da mit seiner Mutter aufgewachsen. Der andere – Balthasar – ist ein echter Wiener und lebte bei Pflegeeltern und seiner Tante Herta. Letztere hat den beiden auch die Würstelbude „Praterglück“ mehr oder weniger überschrieben. Die Halbbrüder teilen sich die Arbeit und die Hälfte des gesamten Gewinnes geht an Tante Herta. Klar, da bleibt nicht wirklich viel für Paul und Balthasar. Da die beiden mit sich und der Welt nicht zufrieden sind, meckern sie aneinander herum. Das führt so weit, dass sie nur noch über Zettel, SMS, eMails und ähnliche korrespondieren.

 

Da wird dann an den Würsten gemeckert: der eine will die Currywurst in Österreich einführen, der andere die österreichischen Gewohnheiten nicht aufgeben. Dazu kommen Sticheleien über das Liebesleben des jeweils anderen und sogar über den Musikgeschmack wird hergezogen. Als dann ein Mann vor der Würstchenbude erstochen wird, reift in den Köpfen der beiden Streithähne ein irrer Plan.

 

Sehr skurril, absolut grotesk und sowohl nervig als auch lustig – „Praterglück“ ist ein völlig neuartiges Buch, das man nicht unbedingt gelesen haben muss, das mich aber erstaunt und ziemlich gut unterhalten hat. Für meinen Geschmack hätten die beiden Brüder vom Stil her besser auseinanderzuhalten sein können. Schön wäre auch gewesen, hätten die unterschiedlichen Brüder sich im Buch durch unterschiedliche Schriftarten unterscheiden lassen. Das Gestreite und Gekeife war amüsant, hat mich aber nicht komplett vom Hocker gehauen. Deshalb bleibt es von meiner Seite bei „mittelmäßig“ und damit drei Sternen. Es ist ein Buch, das sich prima in der Bahn auf dem Weg zur Arbeit oder im Wartezimmer lesen lässt, da es immer kurze Abschnitte sind und man der eigentlichen Geschichte immer sehr gut folgen kann. Wer nun wen auf dem Gewissen hat, ob und ob nicht – das bleibt bis zum Schluss unklar und die Lösung des Rätsels ist der beste Schenkelklopfer des Buches.

 

Die Spannung hält sich in Grenzen – immer, wenn man denkt, jetzt geht es los, wechselt einer der Brüder wieder in den Stänkermodus und die Verwandtschafts- und Liebesverhältnisse rücken in den Vordergrund. Dafür sind die Beschimpfungen aber teils wirklich lustig. Es wird mit Klischees gespielt vom Piefke bis zum Schluchtensch...er, von der Currywurst bis zur „Eitrigen“. Trotzdem hätte Paul deutlich „berlinerischer“ und Balthasar um einiges „wienerischer“ sein können.

 

Kurz: nicht das schlechteste Buch, aber auch kein must-have.

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