Rezension

"Liebe ist das Einzige, das die Welt heilen kann..."

Honigtot - Hanni Münzer

Honigtot
von Hanni Münzer

Felicity, eine angehende Ärztin aus Seattle und von ihrer inneren Rastlosigkeit getrieben, meldet sich bei einer Hilfsorganisation in Afghanistan. Doch zu einer Abreise soll es nicht kommen, denn am selben Tag verschwindet ihre Mutter spurlos. Der einzige Anhaltspunkt zum Verbleib ihrer Mutter führt die junge Frau nach Rom. Allerdings ahnt Felicity nicht, dass die Suche nach ihrer Mutter auch eine Reise in die Vergangenheit ihrer Familiengeschichte birgt. Und somit führt die Familiengeschichte Felicity in die Zeit von Schrecken und unvorstellbarem Leid : in die Zeit vor und während des Zweiten Weltkriegs. Eine gefährliche Zeit, die viele Opfer forderte, mehrere Generationen kennzeichnete und deren Folgen noch bis in die Gegenwart reichen...

In Hanni Münzers Roman "Honigtot" findet eine über mehrere Generationen hinweg verweilende Familientragödie, die in der Zeit des Zweiten Weltkriegs ihre Wurzeln schlägt, ihr friedliches Ende und legt nebenbei das Schicksal der folgenden Generationen in unsere Hände.

Zu Beginn muss ich sagen, dass ich mit dem Roman meine anfänglichen Schwierigkeiten gehabt habe, die zur Folge hatten, dass ich mehrere Anläufe gebraucht habe, um mich vollends auf die Geschichte einlassen zu können - nicht ahnend, dass sich in Hanni Münzers Roman "Honigtot" auch einen Appell an uns Menschen verbirgt, den wir uns in Zukunft zu Herzen nehmen sollten: Die Erde zu einem friedlicheren Ort machen, damit die nachfolgenden Generationen dem Tod, dem Krieg, der Armut verursacht durch menschenverachtende Ideologien und Religionen nicht zum Opfer fallen. Somit allen Menschen die Möglichkeit geben ein menschenwürdiges Leben zu leben.

 Dieser Roman gehört für mich auf jeden Fall nicht zu der Sorte von Romanen, die man in einem Zuge durchliest. Der Schreibstil passt sich dem geschichtlichen Hintergrund an und ist ebenso fesselnd wie schockierend, denn die Autorin bemüht sich nicht darum die Grausamkeiten und Schrecken dieser Zeit zu beschönigen oder zu verharmlosen, was bei diesem dunklen Abschnitt der Vergangenheit auch ein Ding des Unmöglichen ist.
Die Autorin machte sich ihre gründlichen Recherchen zu geschichtlichen Fakten zu Nutze und versuchte diese in die Handlung mit einfließen zu lassen, was ich als sehr gelungen empfunden habe, da diese keinesfalls belehrend auf mich wirkten, sondern die Handlung zusätzlich stützten und perfekt auf die folgenden Handlungsschritte abgestimmt waren. Als Leser konnte man den Verlauf der Handlung nie vorhersehen, genauso wie auch die Menschen zu dieser Zeit in der Ungewissheit leben mussten. Und genauso wie das Unglück damals über die Menschen gebrochen ist, so wurde auch der Leser mit einem Schicksalsschlag nach dem anderen konfrontiert. Es hat mich zutiefst erschüttert wie die Menschen alle wertvollen Werte über Bord warfen, wenn man ihnen ein kleines Stück Macht bietet und vor dem Leid, das sie anrichten, die Augen verschließen, als würde es nicht nur diese eine Erde geben und wir aus diesem Grund eigentlich darum bemüht sein müssten, das Leben darauf für alle möglichst erträglich zu machen. Wie die Autorin bereits in ihrem Roman erwähnt hatte, lasse sich dieses Unverständnis nicht beantworten, solange der Mensch nicht gelernt habe, was es hieße in Frieden zu leben. Und da stimme ich der Autorin zu.

 Gelungen war für mich die Darstellung der Rolle der Frau zur Zeit des Weltkriegs, denn während des Krieges änderte sich das Rollenverhältnis, da durch die Abwesenheit der Männer die Frauen an deren Stelle traten und die Verantwortung für die Familie übernehmen mussten, von der Situation völlig  überfordert nun auf sich allein gestellt zu sein. Genauso erging es der weltfremden Opernsängerin Elisabeth Malpran, die vorher nicht viel mit der Politik am Hut hatte, aber durch das Verschwinden ihres Ehemannes auf eigenen Beinen stehen musste. Die Entwicklung von der naiven Sängerin zur starken, aufopferungsbereiten Frau hat mich sehr positiv überrascht.

Doch auch die Figur Marlene Kalten hat mich bis zum Ende beeindruckt. Diese Figur, die so vielschichtig ist, dass ich selbst am Ende das Gefühl hatte, sie nicht wirklich zu kennen, bleibt mir wahrscheinlich langfristig im Gedächtnis. Eine Frau, die sich bei all ihren aufgesetzten Masken nicht selbst verloren hat und sich immer treu geblieben ist, das Ziel klar vor Augen bis zum Ende.

Trotz anfänglichen Schwierigkeiten, die schnell überwunden waren, hat mich dieser Roman mit den Protagonisten und einer ganzen Bevölkerung mitfühlen, mich das Buch nicht aus der Hand legen lassen und mich nachdenklich gestimmt. Dieser Roman lässt den Leser auch am Ende der Geschichte nicht los, denn der Appell ist deutlich und legt dabei das Schicksal der folgenden Generationen in unsere Hände.