Rezension

Mehr Details bedeuten nicht mehr Spannung

Und weg bist du - Kate K. Myers

Und weg bist du
von Kate K. Myers

Bewertet mit 2.5 Sternen

Entgegen klassischer Rezensionen wähle ich für diesen Text als Einstieg mal nicht die kurze Inhaltsangabe, sondern beginne mit einer stilistischen Auffälligkeit: dem sehr detaillierten, aber flachen Erzählen. Die Ich-Erzählerin Jocelyn ist auf der Suche nach ihrem Zwillingsbruder. Dieser kam kürzlich bei einem Autounfall ums Leben und während Jocelyn noch mit ihrem tiefen Schmerz kämpft, erreicht sie ein Brief, der nur von Jack sein kann. Voller Hoffnung bricht sie auf und will herausfinden, ob ihr Bruder tatsächlich noch lebt. Der Leser darf sie nun auf eine wilde Schnitzeljagd begleiten und ist zu jedem Moment dieses irrwitzigen Hin und Her an ihrer Seite, denn Kate Kae Myers scheint es sich zum Ziel gesetzt haben, wirklich jede kleinste Kleinigkeit mit anzuführen, so dass sich der Leser auch alles ganz genau vorstellen kann. Auf mich hat diese Art des Erzählens allerdings den gegenteiligen Effekt: Ich fühle mich bevormundet und fange an, den Text mehr zu überfliegen als zu lesen, um mein eigenes Kopfkino nicht zu stören. Zu viele unnötige Details scheinen einfach meine Vorstellungskraft zu blockieren. Dabei gefällt mir die Grundidee des Romans, ich darf nur hier nicht zuviel von der Handlung verraten, sonst könnten sich nachfolgende Leser an einiger Spannung beraubt sehen. Zerrüttete Elternhäuser, verkrachte Existenzen und kinderfeindliche Pflegefamilien sind ein sensibles Thema und bilden den emotionalen Hintergrund zu Kate Kae Myers Roman als auch den Schlüssel zu ihren Hauptfiguren.
Wie gesagt, die Idee ist gut und das Ende des Thrillers war für mich tatsächlich nicht vorhersehbar. Das ist die Stärke dieses Buches, auch die Hauptfiguren Jocelyn und Noah waren mit sympathisch und konnten mich größtenteils für sich einnehmen. Die Motivation anderer Figuren war allerdings nicht ganz so schlüssig, manchmal fehlte die entscheidende Erklärung für das teilweise brutale Vorgehen oder ließ sich zumindest nicht von mir aus dem Text heraus interpretieren. Insgesamt fand ich die Figuren nicht ausgereift und überzeugend genug, zu viele Ungereimtheiten in der Handlung schwächen den Text zusätzlich.
Der Thriller ist an eine jugendliche Zielgruppe adressiert, das ist ihm leider auch stilistisch sofort anzumerken. Durch einfachste Sprachgestaltung kombiniert mit zu vielen Details und teilweise durchschaubaren Erzählmustern fühlte ich mich literarisch etwas unterfordert, auf weiten Strecken aber doch wenigstens unterhalten.