Rezension

Diese Rezension enthält Spoiler. Klicken, um alle Spoiler auf dieser Seite lesbar zu schalten.

Poetische Tragödie

Das Mädchen mit dem Fingerhut - Michael Köhlmeier

Das Mädchen mit dem Fingerhut
von Michael Köhlmeier

Bewertet mit 4 Sternen

Der Leser stürzt in diesem Roman so unvermittelt ins Geschehen, wie die Hauptprotagonisten in ihre anstrengende Flucht in Europa. Der Autor lässt viele Fakten im unklaren, so dass der Leser den Freiraum der Fantasie und Interpretation für sich nutzen kann. Wir begleiten das kleine Kind auf einer gefährlichen Reise ohne Ziel. Atemlos verfolgt der Leser die verschiedenen Stationen der unzulänglichen und brutalen Lebensumstände des Kindes. Lässt der Autor immer wieder die Hoffnung aufkeimen, dass nun sich nun doch alles zum guten wenden könne, so vernichtet er diese Perspektive ebenso schnell. Das Drama spitzt sich weiter zu und der Leser kann nur hilflos den unabwendbaren Wegen folgen. In fast poetischer Art und Weise führt uns der Schreibstil durch eine ganz und gar unpoetische Realität. Mit einer gewissen Naivität und Unwissenheit , die dem Kind zu eigen ist, betrachten auch wir die Geschehnisse. Es bleibt nichts anderes, als sich durch das Buch treiben zu lassen und den Bedrohungen ins Auge zu sehen. Ein offenes Ende trägt dazu bei, das der Leser verwirrt, aber dennoch desillusioniert zurückbleibt. Keine leichte Kost, aber in der Aktualität des Themas durchaus eine wichtige Lektüre.