Rezension

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Vom Verlieren und Wiederfinden der ganz großen Träume

Das Fundbüro der verlorenen Träume -

Das Fundbüro der verlorenen Träume
von Helen Frances Paris

Bewertet mit 5 Sternen

Herzergreifend. Hoffnungsvoll.

Mich hat das florale Cover mit Tasche gleich angesprochen, auch - weil die Geschcihte in London spielt. Im Fundbüro gibt es alles, was verloren gegangen ist: Taschen, Regenschirme, Jacken, Fahrkarten, sogar Beinprothesen - alles was man im Bus, Taxi oder der Bahn vergessen kann.

''Zwischen den Regalen voll verlorener, vergessener, verlassener Dinge arbeite ich'' -  ein toller Einstieg! Dot arbeitet im Fundbüro zusammen mit Anita, die ebenfalls auch noch ständig alles zu verlieren scheint und mit Ed, der stundenweise im Fundbüro arbeitet. Man lernt so einiges darüber kennen, wie es im Fundbüro zugeht, was die Menschen mit den Objekten verbinden, die sie verloren haben... Spannend sind die Geschichten dahinter... So wie Mr. Appleby, der seine Ledertasche sucht. 

Es scheint ständig etwas los zu sein im Fundbüro und dauernd wird etwas vergessen oder bleibt liegen... und dann kommt es in das Fundbüro... aber was hat es mit der Ledertasche von Mr. Appleby auf sich, die sich nicht wieder finden lässt?

'Veränderungen können belebend sein (...) Wir müssen uns alle weiterbewegen, oder?''  (S. 258)

Mich hat die Entwicklung des gesamten Buchs überrascht. Mir gefällt der Charakter Dot auch bis zum Ende der Geschichte, sie wirkt mitfühlend und ist bemüht, besonders dem älteren Herren Appleby gegenüber.

Ich stelle mir das Fundbüro schon bildlich vor, es muss voll mit allen möglichen kuriosen Objekten sein. Mir gefällt die Nostalgie, das Arbeiten mit Karteikarten etc. und kann es mir sehr gut vorstellen, auch die Überschriften der Kapitel sind gelungen. Mir gefallen die genauen Beschreibungen und der vielleicht unterschwellige Humor. Das Buch gewinnt immer mehr an Tiefe, ungewöhnlich das Setting im Fundbüro und Dots Geschichte in Bezug auf ihre Familie, ihren Vater.

Auch ein Pluspunkt, die verschiedenen Schauplätze in London (die ich auf einer Karte mitverfolgt habe).

Auch lernen wir mehr über die Beziehung von Dot und ihrer Mutter. Es ist ein liebevolles Porträt. Dot scheint ihrer Mutter sehr nahe zu stehen, die an Demenz erkrankt ist - und deren Erinnerungen verblassen. Onkle Joe ist gestorben, aber die Mutter reagiert darauf nicht - auch nicht als sie selbst nach der Erinnerung an ihren Mann gefragt wird, der ebenfalls vor einiger Zeit verstorben ist.

 Anhand von der vehementen Suche nach Mr. Appleby sieht man, dass Dot wohl wirklich ein außergewöhnlicher Mensch ist. Die Geschichte um ihren Vater, die Geschehnisse mit ihrem Chef haben sie geprägt - aber sie hat diese 'Hindernisse' wahrgenommen und ist weitergegangen. Ich finde die Autorin hat hier einen sehr interessanten und authentischen Charakter geformt, die Einblendungen der vermissten Objekte /die Beschreibungen und Erinnerungen dazu, machen das Buch und die Geschichte noch außergewöhnlicher. 

Das Ende - ein überraschendes Happy End. 

Ich finde, die Autorin hat die Themen in keiner Weise auf die leichte Schulter gestellt, sie hat sie klar angesprochen, aber niemals beim Leser Mitleid erzeugt, denn gerade Dot geht mit dem Schicksal mit viel Anmut und Reife um, was sie ja unweigerlich tun muss.