Rezension

Nur die Irren und die Harten können ganzjährig in den Wässern schwimmen…

Mitternachtsschwimmer -

Mitternachtsschwimmer
von Roisin Maguire

Bewertet mit 4 Sternen

Ballybrady, ein abgelegener Ort am Meer an der irischen Küste. Hierhin hat es Evan nach einem Schicksalsschlag verschlagen, um zur Ruhe zu kommen, sich und sein Leben neu zu sortieren. Von seinem einsamen Cottage am Meer aus beginnt er die Umgebung und die Menschen im Ort zu entdecken, mit all ihren Eigenheiten und all der Schönheit und Kraft, die die Natur und das Meer ausstrahlen. Besonders hervor sticht seine Vermieterin Grace, die ein zurückgezogenes Leben führt und über die verschiedene Gerüchte im Dorf kursieren. Überraschend bricht über die Dorfgemeinde die Covid Pandemie mit all ihren Einschränkungen herein und dann kommt auch noch Evans tauber Sohn Luca zu Besuch und muss betreut werden. Grace wiederum bekommt unerwartete Gesellschaft von ihrer Nichte Abby. Und so erleben wir in Mitternachtsschwimmer verschiedene Menschen, die im Unerwarteten und Zwischenmenschlichen sich selbst finden, im Trost der rauen Schönheit des Meeres und der Küstenregion. Gleichzeitig ist der Roman auch das Porträt einer Dorfgesellschaft in einem abgelegenen Küstenort, geprägt von Charakteren mit oft liebenswerten Eigenheiten und einer ganz besonderen gemeinschaftlichen Dynamik.

 

Grace und Evan, so unterschiedlich diese beiden Menschen auf den ersten Blick scheinen, haben schwere Schicksalsschläge im Leben erlebt, zwei verwundete Seelen, die trotz ihrer offensichtlichen Unterschiede und verschiedenen Erfahrungen den Schmerz des jeweils anderen vielleicht am besten verstehen und nach anfänglichen Vorbehalten eine Verbindung zueinander finden können. Doch da ist auch noch die schwierige Beziehung Evans zu Luca, zu dem Grace so spielend leicht und selbstverständlich einen Zugang zu finden scheint. 

 

Die zwischenmenschlichen Beziehungen und persönlichen Schicksalsschläge sind sehr sensibel und authentisch beschrieben, dies oft mehr durch Auslassungen als konkrete Benennung und gerade dadurch intensiv. Dabei wird die Kraft der natürlichen Elemente in die Erzählung und emotionalen Zuständen der Charaktere immer wieder gekonnt eingewoben, spiegelt diese und bricht sie an anderer Stelle. Besonders gefallen haben mir auch die fast schon skurrilen, komischen Elemente, wie den Umgang von Grace mit ihrem Esel und dem Hund. Das Ende war für mich in einigen Aspekten und Dynamiken jedoch nicht vollständig stimmig.

 

Mitternachtsschwimmer ist eine sensible und raue Erzählung zugleich, die eingebettet in die Natur und Abgeschiedenheit der irischen Küste einfühlen lässt, wie man auch nach unbeschreiblichen Schicksalsschlägen, die das Leben bereithält, wieder zu sich selbst finden kann. Das Meer dabei stets als Trost und Symbol stetiger Hoffnung, sowie Quelle neuer Lebensenergie und Gelassenheit.