Rezension

Packend, beängstigend, herzzerreißend, versöhnend

Die Nachtigall
von Kristin Hannah

~Kristin Hannah versteht es den Leser in den Bann der Geschichte zu ziehen, tiefe Gefühle zu wecken und ein Werk zu schaffen, dass im Gedächtnis bleibt.

Frankreich, zu Beginn des 2. Weltkriegs. Viannes Mann wird einberufen und die Mutter muss sich alleine mit ihrer Tochter durchkämpfen. Als wäre das nicht anstrengend genug braucht auch ihre 19jährige Schwester Isabelle eine Bleibe. Als dieser Teil Frankreichs von den Deutschen besetzt und sogar bei Vianne ein Hauptmann einquartiert wird kann sich Isabelle nicht mehr zügeln und versucht sich dem Widerstand anzuschließen. Während Isabelle für ihr Land ihr Leben aufs Spiel setzt versucht Vianne möglichst unauffällig zu bleiben und ihrer Tochter eine Kindheit zu ermöglichen.

Für den doch zähen Beginn und die Frage inwieweit die geschichtlichen Informationen belegt und wahr sind gibt es zwar einen Stern Abzug, die Geschichte konnte mich dann aber immer mehr in ihren Bann ziehen. Anfangs waren mir beide Protagonisten - insbesondere Vianne - unsympathisch. Vianne wirkte so schwach und nur auf sich und ihre Familie bezogen, Isabelle aufmüpfig und gedankenlos. Im Laufe der Geschichte entwickelten sich die Figuren aber einerseits weiter und wachsen über sich weit hinaus, andererseits lernte ich beide besser kennen und konnte ihre Gefühle und Handlungen verstehen.

Auch die Nebencharaktere, wie Viannes Freundin, ihre eigene Tochter Sophie, ihr Vater, der Hauptmann und einige aus der Gruppe des Widerstandes sind gut gelungen und Figuren mit ihren Eigenheiten die sich - wie die Schwestern - weiterentwickeln und sich behaupten müssen. Nicht alles läuft rund, es passieren viele Fehler und Vorwürfe entstehen. Auch wenn die eigene Handlung nicht rückgängig gemacht werden kann beinhaltet die Geschichte viel Versöhnung. Eine zentrale Rolle spielt die Opferung der eigenen Sicherheit für das Überleben anderer. Während Isabelle ohne Nachzudenken ihr Leben der Rettung anderer geben will steht für Vianne vor allem die Sicherheit ihrer Tochter im Vordergrund. Nach und nach öffnen sie ihre Gedanken aber auch dem Schicksal anderer (vor allem jüdischer Familien) und sie geht nun doch ein großes Risiko für sie ein.

Diese Entwicklung ist schön und zugleich beängstigend zu beobachten, der Zwiespalt zwischen dem Grauen der Nazis und dem eigenen Überleben ist überzeugend aufgegriffen und die Veränderung der Figuren beeindruckend. Der Schluss war fast noch einnehmender als die Geschichte selbst und ich kam nicht ohne die große Taschentuchpackung aus. Das Schicksal der wichtigsten Figuren wird aufgelöst und es gibt noch eine letzte Aussprache was insgesamt einen runden und emotionalen Abschluss ergibt.

Eine Geschichte mit einer starken Entwicklung die immer mehr Spannung aufbaut und die Gefühle fließen lässt.