Rezension

Atemberaubend, labyrinthisch, episch – der 5. Cormoran-Strike- und Robin-Ellacott-Roman fesselnd und faszinierend.

Böses Blut - Robert Galbraith

Böses Blut
von Robert Galbraith

Bewertet mit 5 Sternen

1155 und 1195 sind die markanten Zahlen von Robert Galbraith/ JK Rowlings Roman Böses Blut, im Original Troubled Blood, aber keine Jahreszahlen aus der keltischen und angelsächsischen Ära Cornwalls, sondern das Druckwerk ist 1155 Gramm schwer und hat 1195 Seiten, kein Taschenbuch, eher etwas für den Rucksack. Drei Übersetzer waren nötig, unbekannt ist die Zahl der Lektoren.

„Gib dem Affen Zucker“ wird sich JK Rowling denken, denn beginnend mit 656 Seiten in Band 1 hat sie sich ‚hochgearbeitet‘ auf fast 1200 Seiten in Band 5. Allen zukünftigen Lesern sei empfohlen, zügig zu lesen, um den Faden nicht zu verlieren.

Cormoran Strike und seine Partnerin Robin Ellacott übernehmen einen ungelösten Fall: 40 Jahre zuvor ist die Ärztin Margot Bamborough an einem Freitagabend spurlos verschwunden. Sie hat ihre Ordination im Londoner Stadtteil Clerkenwell verlassen und ward nie wiedergesehen.
Auftraggeberin ist Bamboroughs Tochter Anna; ein Jahr haben Strike und Ellacott Zeit, den Fall zu lösen. Bald kommt ein Verdacht auf den Serienmörder Creed, der genau in jener Zeit Frauen entführt und auf bestialische Art und Weise umgebracht hat. Aber auch Ermittlungspannen tun sich vor den Privatdetektiven auf. Und Galbraith/Rowling bereitet fast genüsslich die kleinteilige Ermittlungsarbeit vor ihre m/w Leserschaft auf. Jedes kleinste Detail wird geschildert, inklusive langwieriger Gespräche mit gealterten Zeitzeugen. Den Mörder auf Grund von astrologischen Analysen aller Beteiligten zu finden ist ein esoterischer Ansatz, der nur JK Rowling einfallen kann. Damit die Darstellung eine realistische wird, werden die restlichen Fälle der Detektei miteinbezogen, denn eine Detektei muss mit simplen Beschattungen Geld verdienen.

Na wenn die Detektei für den Bamborough-Fall zwölf Monate Zeit hat, ist es irgendwie verständlich, dass JK Rowlings ihren Roman Böses Blut auf fast 1200 Seiten ausdehnt.

Zweifelsfrei kann JK Rowling Geschichten erzählen und den Leser bei der Stange halten. Irgendwie müssen die fast 1200 Seiten voll werden und deshalb wird der Plot wie ein Teig ausgewalzt, gerade so dünne, dass er nicht reißt. Das ist auch die große Kunst der Pizzabäcker und dass der Lesefortschritt nicht abreißt, diese Kunst beherrscht JK Rowling perfekt: Im Detail werden die familiären Verhältnisse von Cormoran zu seinem Vater, seiner Mutter, seiner Tante und seinem Onkel, seiner Schwester, seinen drei Neffen, seiner Schwägerin und seinen Halbgeschwistern präzisiert. Zu seinem Freund Dave und wohl die spannendste Beziehung zur zehn Jahre jüngeren Robin. Tiefen Einblick bekommt der Leser in Robins Familie: Ist doch klar, dass die Eltern eines Neugeborenen aus dem Häuschen sind und sie das schönste Kind auf der ganzen Welt haben, ungeachtet dessen, dass manche Babys wie Dumpfbacken in die Welt glotzen und anderen die Intelligenz nur so aus den Augen blitzt.

Aufgebaut gleicht der Roman einem kartographischen Bildbaum, blattlos mit unzähligen Verästelungen: …bis zu den Knöcheln geringelte Socken…, …ließ einen tadelnden Kommentar bezüglich des Fouls durchgehen, für das Szczeny vom Platz gestellt worden war…

Robin: „Schon mal was von der Implementierung der Theorie der sozialen Identität in die Ermittlungsarbeit gehört?“

Atemberaubend, labyrinthisch, episch – der 5. Cormoran-Strike- und Robin-Ellacott-Roman fesselnd und faszinierend.

Was JK Rowling irgendwo gesagt hat, ob sie eine zu lange Nase hat und dass sie früher arm und arbeitslos war ist irrelevant; sie ist Autorin und das einzige was zählt ist das war sie schreibt.

„Es waren zwei Königskinder, die hatten einander so lieb, sie konnten beisammen nicht kommen, das Wasser war zu tief, das Wasser war viel zu tief.“