Rezension

Blieb hinter meinen Erwartungen

Babel -

Babel
von Rebecca F. Kuang

Bewertet mit 3 Sternen

Als im Jahre 1828 in der chinesischen Provinz Kanton die Cholera ausbricht, rettet der mysteriöse Professor Lovell einen Jungen, Robin, und nimmt ihn mit nach England. Hier lernt er täglich Sprachen (Griechisch, Latein, Chinesisch) nur mit dem Ziel eines Tages an der Universität Oxford Im Institut für Übersetzungen, Babel, angenommen zu werden. Doch in Babel lernt man nicht nur zu übersetzen, sondern auch die Kunst des Silberwerkens. Mittels Magie werden Silberbarren mit Wortpaaren versehen und verkauft. Die Macht, die den Engländern dadurch zuteilwird, steigt ins Unermessliche. Doch dieses Silberwerken sorgt für große Ungerechtigkeiten nicht nur in England selber, sondern auch in allen kolonialisierten Provinzen. Während in China Kämpfe um Opium und Silber beginnen, schließt sich in England ein Bund zusammen, der all das, für das Babel steht, verhindern will, Hermes. Plötzlich weiß Robin nicht mehr, auf welcher Seite er nun stehen soll.

Ich muss gestehen, dass ich mit gigantischen Erwartungen an dieses Buch herangegangen bin und im Nachhinein nun zwischen Enttäuschung und ja, war genial schwanke. Denn genauso fühlte ich mich beim Lesen, es gab ganze Passagen, die mir einfach zu langatmig und ausschweifend waren und Passagen voller Spannung und das durch das gesamte Buch auf über 700 Seiten, selbst der Showdown blieb hinter meinen Erwartungen und hätte für mich mehr Tempo benötigt. Natürlich ist es schwer, bei einem so umfangreichen Werk konstant Tempo zu halten, doch manches hätte für mich weniger intensiv erklärt werden müssen und dafür anderes, wie z.B. das gesamte Magiesystem mehr Beachtung geschenkt werden sollen. So fühlte ich mich gerade zu Beginn in Babel, als würde ich häufig persönlich an den Vorlesungen teilnehmen. Man lernt hier gemeinsam mit Robin und seinen Kommilitonen aber mir war das zu viel rund um Sprache, Politik und Gesellschaft und viel zu wenig Fantasy.

Mit Sicherheit kann ich aber eines sagen: R. F. Kuang verfügt über einen wirklich wundervollen Schreibstil, der beinahe schon poetisch wirkt, was man aber auch wiederum mögen muss. Ich habe ein wenig Zeit benötigt, um mich daran zu gewöhnen, doch schließlich fühlte ich mich sprachlich wohl. Zumal ich ihren Stil aus The Poppy Wars kannte und diese Trilogie verehre.

Was den Fantasyanteil des Romans betrifft, bin ich ebenfalls ein wenig enttäuscht, da hatte ich mir viel mehr erwartet, wird das Buch doch als das aufregendste seit Harry Potter bezeichnet. Aber leider kann ich dem nicht zustimmen, da die gesamte Magie nur nebenbei läuft. Vielmehr handelt es sich hier um einen Roman, der sehr viel Kritik an der Gesellschaft und der Politik äußert. Auch hier fand ich es einfach zu viel, man konnte es durchaus auch auf viele aktuelle Ereignisse beziehen, doch insgesamt hätte mir mehr Magie und weniger Kritik besser gefallen.

Robin als Protagonist war recht gut dargestellt, doch bei ihm musste ich vieles „zwischen den Zeilen“ herausfinden. Seine gesamte Gemütslage, seine Entwicklungen all das wurde nicht so richtig deutlich. Auch hier muss ich leider zugeben, dass ich nicht so richtig mit ihm mitgefiebert habe. Ich konnte zwar vieles erahnen, warum er wie handelt, doch ich hätte mir mehr Einblicke in seine Gedanken und Gefühle gewünscht.

Nebencharaktere gab es einige, von denen vor allem die Kommilitonen und auch Professor Lovell wichtig für die Handlung waren. Zu den 3 Kommilitonen gab es jeweils ein Kapitel, die die einzelnen Personen dem Leser nähergebracht werden und deren Handlungen besser erklären sollten. Auch hier hätte ich mir gewünscht, dass die einzelnen Nebencharaktere aus der Handlung heraus zu verstehen wären, so blieben mir auch diese viel zu blass.

Mein Fazit

Ich glaube, durch den gesamten Hype rund ums Buch, der mich schon vor dem Erscheinungstermin überflutete, waren meine Erwartungen wirklich riesig. Allein auch, weil die Parallelen zu Harry Potter gezogen wurden. Doch mit Babel erhielt ich einen Roman, der eher als Gesellschaftskritisch einzustufen ist, aber auch viel Bezug zu Sprache und Wortherkunft hergibt, dessen Magie aber eher am Rande verläuft. Sehr schade, denn die Idee rund ums Silberwerken fand ich ziemlich genial. Ansonsten hätte ich mir mehr Spannung gewünscht und Charaktere, mit denen ich richtig hätte mitfiebern können. So blieb ich über weite Teile nur der Beobachter des Geschehens.