Rezension

Das verbotene Eden 01

Das verbotene Eden - David und Juna - Thomas Thiemeyer

Das verbotene Eden - David und Juna
von Thomas Thiemeyer

Bewertet mit 4 Sternen

2015 irgendwo in Deutschland: Es wurde ein neuer Grippeimpfstoff entwickelt, der Viren mutieren lässt. Die von diesem mutierten Virus befallenen Menschen erleiden eine ganz besondere Nebenwirkung: Sie entwickeln einen Hass auf das jeweils andere Geschlecht. So kommt es, dass die Gesellschaft zusammenbricht. Später wird diese Zeit „die dunklen Jahre“ genannt. Männer und Frauen bauen sich ihre eigenen Gemeinschaften auf und bekämpfen sich gegenseitig, wobei es nach langem Ringen endlich einen, wenn auch labilen, Frieden gibt. Wir finden uns nun 65 Jahre später. Die Frauen leben auf dem Land und bestellen es, während die Männer sich die vorhandenen Fahrzeuge, Treibstoff und Waffen unter den Nagel gerissen haben und in der Stadt leben. Es gibt eine Übereinkunft zwischen den Geschlechtern, die den Männern das Recht zubilligt, regelmäßig einen Teil der Ernte der Frauen einzufordern. Bei dieser Gelegenheit bieten sich auch empfängnisbereite Frauen den Männern dar, um ein Aussterben der Menschheit zu verhindern. Doch leider geben sich einige Männer nicht mit ihrem Anteil zufrieden. Sie verlangen mehr und greifen zu Gewalt. Als die Frauen sich dagegen wehren, droht eine Eskalation der Situation.

Die Hauptcharaktere sind Juna, mit 17 schon Priesterin der Brigantia und der etwa gleichaltrige David, der im Kloster in der Bibliothek arbeitet. Die Handlung wird abwechselnd aus der Sicht der Frauen (meist Junas) und aus der Sicht der Männer (meist Davids) geschildert, wodurch der Leser Einblick in die Welt der Frauen und die der Männer bekommt. Das ist sehr gut gelöst. Die Figur der Juna gefällt mir sehr gut. Eigentlich hat sie eher männliche Eigenschaften. Sie ist recht kriegerisch, entschlossen und mutig. Dagegen ist David anfangs ein eher unscheinbarer, ruhiger und unsicherer Typ. Die zwei entsprechen so gar nicht dem weiblichen und männlichen Klischee. Und so ist es nicht verwunderlich, dass ausgerechnet sie aus der Reihe tanzen werden. Die Wege der beiden kreuzen sich schon bald, und die Vermutung, dass sie sich verlieben werden, liegt schon früh nahe, zumal auch Shakespeares Werk „Romeo und Julia“ eine große Rolle spielt.

Dem Autor ist es gelungen, von der ersten bis zur letzten Seite die Spannung zu halten, wobei es zwischendurch mehrere Höhepunkte gibt. Ich wollte das Buch überhaupt nicht mehr aus der Hand legen. Die groben Züge der Handlung waren zwar von Anfang an klar und vorauszusehen, doch hat Thomas Thiemeyer auch einige nette Überraschungen eingebaut, die dem Ganzen die Würze geben.

Es wurde zwar nicht wirklich schlüssig dargelegt, wie die beschriebene Dystopie entstehen konnte, doch das stört mich nicht weiter, das kann ich hinnehmen. Allerdings habe ich mich die ganze Zeit gefragt, warum die Frauen sich den Männern einfach unterwerfen. Dafür gab es meiner Meinung nach keine Veranlassung. Die Männer hätten genau wie die Frauen selbst das Land bestellen und so für ihren Unterhalt sorgen können. Die Liebe zwischen Juna und David hat sich in meinen Augen etwas zu sprunghaft entwickelt. Dafür, dass Juna anfangs alle Männer abgrundtief hasste, ging mir das etwas zu schnell und reibungslos. Da hätte ich mir noch etwas mehr an (zwiespältigen) Gefühlen gewünscht.

Ich lese sehr gerne dystopische Romane. Dabei trifft man in den verschiedenen Büchern oft auf die gleichen oder doch ähnliche Motive. Thomas Thiemeyer hat hier allerdings etwas ganz Außergewöhnliches geschaffen. Von einer Welt, die Männer und Frauen trennt, habe ich noch nie gelesen. Von Thiemeyer kenne ich bisher nur Romane für Erwachsen. Jetzt weiß ich, dass er auch in der Lage ist, einen tollen Jugendroman zu schreiben. Laut seiner Homepage plant der Autor noch zwei weitere Eden-Bücher. Ich freue mich darauf.