Rezension

Dekadenz wie sie (nicht) gelebt werden sollte

Perfekt ist jetzt - Tim Tharp

Perfekt ist jetzt
von Tim Tharp

Das Leben ist ein Ozean und so ziemlich jeder hält sich an irgendeinem Traum fest, um nicht unterzugehen. (S.200)

In diesem Buch lernen wir den 18-jährigen Sutter Keely kennen, einen jungen Menschen, der noch ganz am Anfang seiner Zukunft steht und doch eigentlich keine hat. Er lebt in den Tag hinein, Pläne gibt es bei ihm nicht und zur Schule geht er auch nur dann und wann mal. Das einzige, was in seinem Leben wirklich sicher scheint ist der Whisky, mit dem er morgens in den Tag startet und mit dem er sich schließlich in die Nacht verabschiedet. Denn Sutter ist Gottes persönlicher Betrunkener.

In dieser Geschichte begleiten wir Sutter dabei, wie er sein Leben jeden Tag aufs Neue meistert und wie er sich in ein Mädchen verliebt, das so völlig anders ist als er.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht so genau, was ich von diesem Buch halten soll. Zu Beginn fand ich es okay, aber gegen Ende hat es mich dann einfach nur noch enttäuscht.

Mein Hauptproblem an der ganzen Sache war einfach dieser viele Alkohol. Ich meine, klar, Sutter hat ein Alkoholproblem und dieses Buch soll uns zeigen, was passiert, wenn Kinder zuhause keine Aufmerksamkeit bekommen, aus zerrütteten Familienverhältnissen stammen und sich nicht geliebt fühlen. Doch das zeigt uns dieses Buch nicht. Stattdessen präsentiert uns diese Geschichte eine beispiellose Verherrlichung des Betrunkenseins und es tun sich uns moralische Abgründe auf, da Sutter zum Einen bei jeder Gelegenheit betonen muss, wie gut es tut betrunken zu sein, welche Rauschzustände ihm am besten gefallen und dass es gar kein Problem ist, stark alkoholisiert Auto zu fahren. Zum anderen ist Sutter einfach stolz auf sich und sein Verhalten, seine Fehler sieht er nicht und auch als er seine neue Freundin (ein Mädchen wie es anständiger nicht sein könnte) auf genau sein tiefes Niveau herunterzieht und ebenfalls eine kleine Alkoholikerin aus ihr macht, zeigt er keinerlei Reue oder Verantwortungsbewusstsein.

Das mag ja an sich auch noch alles so sein und einen solchen Protagonisten darf es auch gerne geben, WENN am Ende aus der gesamten Geschichte deutlich hervorgeht, dass er falsch gehandelt hat und dass Alkohol eben kein schönes Wundermittelchen gegen alles ist. Das ist aber nicht der Fall, der Wendepunkt, auf den ich lange gewartet habe, tritt nicht ein und am Ende torkelt Sutter betrunken in die Nacht hinaus und denkt sich, dass genau dieser Zustand perfekt ist.

Schade, denn hier wurde wirklich viel Potential für eine gute Handlung verschenkt, denn geschrieben ist es allemal sehr gut, es liest sich flüssig und zum Teil auch sehr unterhaltsam, doch wer nichts von verherrlichenden Darstellungen des Alkoholismus, nihilistischen Jugendlichen oder von purer Dekadenz hält, für den ist dieses Buch wohl eher weniger gewinnbringend.