Rezension

Sehr interessanter Protagonist

Perfekt ist jetzt - Tim Tharp

Perfekt ist jetzt
von Tim Tharp

Bewertet mit 3.5 Sternen

Der Leser erhält einen Einblick in das Leben von Sutterman, wenige Monate vor dessen Schulabschluss. Man erfährt alles aus seiner Ich.Perspektive, man sieht die Welt durch seine Augen. Im Grunde passiert nicht wahnsinnig viel. Sutter lebt mit seiner Mutter und deren Lebensgefährten, so wie die meisten der Protagonisten, in einer klassischen Patchworkfamilie. Sutter liebt Partys und sticht immer ein wenig heraus. Seine Freundin Cassidy trennt sich von ihm, so wie viele andere schon vor ihr und Sutter versteht eigentlich nicht so recht warum. Dann lernt er die eher etwas zurückgezogen lebende, vernünftige und verträumte Aimee kennen. Beide beginnen sich jeweils zu beeinflussen und bald wird Sutter mit ernsthafteren Themen konfrontiert. Und vor allem trifft er nach langer Zeit seinen Vater wieder.

Das Großartige des Romans ist eigentlich der spannende und widersprüchliche Charakter von Sutter. Er macht sich einerseits nicht viele Gedanken über sein Leben, trinkt viel und stetig Whisky, nimmt nichts so richtig ernst, setzt sich mit seinen Problemen nicht auseinander, genießt das Leben im Hier und Jetzt und benimmt sich oft einfach daneben. Andererseits ist er dennoch auch sympathisch, feinfühlig, hilfsbereit, tiefgründig und hat sein Herz am rechten Fleck. Ein Teenager, der sich nicht wirklich gut kennt, der sich die Welt schön trinkt und irgendwann dennoch der Realität – in Konfrontation mit seinem Vater und auch in Konfontation mit Aimee- ins Auge blicken muss. So nach und nach beginnt man als Leser hinter seine Fassade zu schauen und beginnt zu verstehen, warum er sich so verhält.

Der Schreibstil wirkt sehr locker, sowohl witzig, als auch ernsthaft. Oft auch etwas geschwätzig. Der Spannungsbogen kann nicht immer gut gehalten werden, so dass man sich manchmal etwas langweilt, aber meistens dann doch auf diesem eher recht gleichförmigen Fluss gern und aufmerksam mit schwimmt.

Dieser Roman überzeugt durch den wirklich sehr spannenden Charakter Sutters. Man beobachtet ihn durchaus kritisch und hofft, dass er die nötigen Entwicklungsschritte geht. Im Hintergrund wird ein recht realistisches Bild von Patchworkfamilien einer Kleinstadt gezeichnet und die heutige Gesellschaft sowie auch die Rolle des Alkohols, ohne erhobenen Zeigefinger, kritisch beleuchtet. Man bleibt nachdenklich und ein wenig beklommen zurück.

Alles in allem ist es dennoch ein recht leises Buch, ohne großartige Höhen und Tiefen, so dass es in mir leider nur einen geringen Nachhall erzeugte. Dafür einen großen Stern Abzug.

Für Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen geeignet.