Rezension

Die Welt folgt keinem Plan

City of Girls - Elizabeth Gilbert

City of Girls
von Elizabeth Gilbert

Bewertet mit 4 Sternen

In „City of Girls“, Elizabeth Gilberts neuem Roman, berichtet Ich-Erzählerin Vivian Morris als fast 90jährige Frau über ihr Leben, indem sie einen Brief an „Angela“ schreibt, über deren Identität der Leser lange nicht Bescheid weiß. Die Geschichte beginnt im Sommer 1940, als die 19jährige Vivian das renommierte Vassar College verlassen muss, weil sie dort die erforderlichen Leistungen nicht erbracht hat. Ihre gut situierten Eltern schicken sie aus der Kleinstadt Clinton nach Manhattan zu ihrer Tante Peg, die dort das heruntergekommene Lily Playhouse leitet. Dort gibt es täglich zwei preiswerte Vorstellungen für die Bewohner des Viertels, in denen Revuegirls auftreten. Vivien lernt ein neues Leben kennen und genießt es in vollen Zügen. Sie findet in Celia Ray eine Freundin, mit der sie jede Nacht durch die Clubs zieht, trinkt, flirtet und sich mit einer Vielzahl von Männern einlässt. Sie verfällt Anthony Roccella, einem Mitglied des Ensembles, und wird irgendwann in einen Skandal verwickelt, der fast ihr Leben ruiniert. Für kurze Zeit flüchtet sie wieder in ihr Elternhaus, bevor sie sich definitiv in New York niederlässt und mit einer Freundin eine Schneiderei für außergewöhnliche Brautkleider betreibt.

Der vielschichtige Roman liefert einerseits ein Porträt des amerikanischen Lebens vor und nach dem Kriegseintritt der USA, andererseits eine Coming-of-Age Geschichte am Beispiel der jungen Vivian und eine Abhandlung über Frauenrechte, genauer gesagt  ein Plädoyer dafür, dass auch Frauen ein selbstbestimmtes Leben mit allem, was dazugehört, führen können, ohne dass sie irgendjemand Rechenschaft ablegen oder sich für das schämen müssten, was sie sind und tun. “Die Welt folgt keinem Plan (…) Und Menschen passieren Dinge“ (S. 467). Die Autorin macht Vivian zu ihrem Sprachrohr und zeigt überzeugend, dass die sexuelle Befreiung der Frauen keineswegs eine Erfindung der Blumenkinder war, sondern sehr viel eher begonnen hat. Ich habe den interessanten Roman trotz einiger Längen und handlungsarmer Passagen mit inhaltlichen Wiederholungen gern gelesen.