Rezension

Ein ruhiger, atmosphärischer Jugendroman

Alles okay - Nina LaCour

Alles okay
von Nina LaCour

Bewertet mit 4.5 Sternen

Erst einmal muss ich loswerden, wie sehr ich mich freue, dass das Originalcover des Buches übernommen wurde. Darauf bin ich nämlich bereits vorher aufmerksam geworden, es ist einfach so schön, besonders die Farbkombination. Außerdem fängt es die melancholische Stimme des Jugendromans meiner Meinung nach super ein. Denn als genau so empfand ich „Alles okay“ – stimmungsvoll melancholisch. Dass ich das Buch trotzdem so schnell gelesen habe, liegt wahrscheinlich einerseits an seiner Länge, andererseits an des trotzdem leicht zu lesenden Schreibstils.

Aber die Handlung ist nunmal eben genau das: melancholisch. Es geht nämlich um Marin, die erst vor wenigen Monaten ihren Großvater verloren hat, ihren einzigen lebenden Verwandten. Die Bezugsperson, die sie jahrelang begleitet hat. Doch es war nicht nur einfache Trauer, die Marin dazu bewegt hat, überstürzt (und noch dazu verfrüht) ans College aufzubrechen, den Kontakt mit allen Freunden und Bekannten abzubrechen. In den Weihnachtsferien holt ihre Vergangenheit sie dann aber wieder ein, denn ihre beste Freundin Mabel kommt sie besuchen. Mabel, für die sie mehr empfunden hat als bloße Freundschaft. Mabel, deren Nachrichten sie seit Monaten ignoriert.

Ihr seht also, die Handlung ist alles andere als leicht, sondern trägt eine traurige Atmosphäre mit sich. Thematisiert wird vor allem Marins Umgang mit ihrer Trauer. Dabei spielt die Geschichte eigentlich nur an wenigen Tagen, in denen nicht so viel zu passieren scheint. Was ich aber gar nicht schlimm fand. Denn erstens erfahren wir zudem einiges über die Vergangenheit, vor allem von der Zeit kurz vor dem Tod von Marins Großvater. Was die Beziehung zwischen Marin und ihrem Gramps ausgemacht hat. Und wie sich die zwischen Marin und Mabel wandelte. Zweitens fand ich ich aber die wenigen Tage in der Gegenwart trotz dass eigentlich nicht viel passiert, trotzdem sehr aufschlussreich. Hier werden wir nämlich mit einer zerrütteten Beziehung und vor allem mit einem am Boden zerstörten, trauernden Menschen konfrontiert. Und beides beschreibt Nina LaCour auf sehr schöne Art und Weise.

Die Autorin beweist hier nämlich sehr viel Feingefühl. Sie schafft es, diese melancholische Stimmung aufzubauen, die sich durch das gesamte Buch zieht. Immer wieder unterbrochen zwar von glücklicheren Momenten, aber doch weiß man ja immer, dass die Vergangenheit auf diese Gegenwart hinauslaufen wird. Bei ein paar Stellen hatte ich dann Gänsehaut und war selbst recht bedrückt und das finde ich immer bewundernswert, wenn Autoren es schaffen, durch ihre Worte solche Gefühle bei mir auszulösen. Trotzdem war ich nicht ganz so mitgerissen von diesem Buch, wie ich es mir eigentlich erhofft hatte.

Bei den Charakteren im Buch ist es ja sehr interessant, dass es vollkommen ausreicht, dass man eigentlich nur zwei sehr wichtige Figuren hat. Drei, wenn man den Großvater dazuzählt (was man sollte). Die ansonsten erwähnten Personen kann man mehr oder weniger ignorieren (sorry, Eltern von Mabel) und das werde ich hier auch mal tun.

Diese zwei beziehungsweise drei Charaktere reichen aber auch vollkommen aus. Was daran liegt, dass es hier vor allem um Marin geht, was sie erlebt hat, weswegen sie trauert und wie sie trauert. Sie wirkt so zerbrechlich in der Gegenwart und doch konnte ich nachempfinden, wie sie genau so werden konnte, wo sie doch vor dem Tod ihres Großvaters ein so lebensfrohes Mädchen war. Besonders mochte ich Marins Entwicklung in der Gegenwart. Ihre Persönlichkeit war mir da nämlich immer so greifbar und man hofft so sehr darauf, dass die Wunden in ihr endlich heilen, kann aber gleichzeitig nachvollziehen, weshalb das eben nicht so einfach ist. Mabel hingegen tritt fast durchgehend als starke Persönlichkeit auf. Sie erscheint stetig optimistisch und willensstark. Stoisch behauptet sie ihren Platz in Marins Leben, auch wenn die sie eigentlich von sich stößt. Und sind wir mal ehrlich, so eine Freundin kann sich jeder nur wünschen.

So war ich sehr zufrieden mit diesem tollen Duo. Und sehr zufrieden war ich auch von dem Ende, das die Geschichte genommen hat. Weil sie sehr schön zu dem Jugendroman passte und nicht ins Kitschige abdriftete.

Alles in allem konnte mich „Alles okay“ überzeugen. Bei mir kam zwar nicht immer die gesamte Emotionalität, aber dennoch ab und zu und besonders, wie die Autorin mit der Thematik und ihren Figuren umgeht, war einfach schön zu erleben.